Bauwesen und Geschichte Zwei Schwerpunktprogramme verlängert
Im Zentrum der an der RUB koordinierten Forschungsvorhaben stehen das iranische Hochland und modulares Bauen.
Zwei an der Ruhr-Universität Bochum koordinierte Schwerpunktprogramme (SPP) werden verlängert und erhalten ab Januar 2023 für weitere drei Jahre Fördergelder von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Im SPP 2187 „Adaptive Modulbauweisen mit Fließfertigungsmethoden – Präzisionsschnellbau der Zukunft“ untersuchen Forschende, wie man mit seriengefertigten Modulen aus Hochleistungsbeton schneller, präziser und ressourcenschonender bauen kann. Prof. Dr. Peter Mark vom Lehrstuhl für Massivbau koordiniert das Vorhaben mit Oberingenieur Dr. Patrick Forman. Im SPP 2176 „Das iranische Hochland: Resilienzen und Integration in vormodernen Gesellschaften“ stehen verschiedenen Perioden der Kulturentwicklung im Fokus. Koordiniert wird das Programm von Prof. Dr. Thomas Stöllner vom Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte am Institut für Archäologische Wissenschaften.
Modular, aber trotzdem individuell bauen
Trotz der Serienfertigung soll Individualität möglich sein. Die Idee: Die in Fließfertigung produzierten Module ähneln sich zwar im Kleinen, werden aber im Großen zu individuellen Bauwerken zusammengesetzt. Mit diesem Prinzip lässt sich Zeit und Material sparen. Der gesamte Prozess soll digital unterstützt werden. Daher kooperieren im Schwerpunktprogramm Forschende aus dem Bauingenieurwesen und Maschinenbau mit Kolleginnen und Kollegen aus der Informatik und Mathematik. „Wir arbeiten daran, durch die serielle Vorfertigung die Bauzeit von Brücken oder Hochbauten auf wenige Wochen oder Tage zu reduzieren“, sagt Peter Mark.
In der ersten Förderphase standen grundlegende methodische Entwicklungen im Fokus. In der zweiten Förderphase verschiebt sich der Fokus vom einzelnen Modul auf das gesamte Tragwerk und wie dieses digital repräsentiert werden kann. Es geht darum, Tragwerke nicht nur schnell zu bauen, sondern auch wandelbar zu gestalten. So kann ein Wandmodul mit Fenster nachträglich gegen ein Modul mit Balkon getauscht werden, um eine gänzlich neue Nutzung zu ermöglichen.
Gesellschaften im iranischen Hochland: Integration und gesellschaftliche Resilienz
Das iranische Hochland und seine Gesellschaften stehen in verschiedenen vormodernen Perioden mit den umliegenden Kulturräumen in engem Austausch, etwa durch Wirtschaftsverkehr, Zuwanderung oder politische Inklusion. Umgekehrt haben es die Gesellschaften des iranischen Hochlandes nicht weniger verstanden, diese Beziehungen in ihren eigenen Netzwerken zu integrieren, sie umzuformen oder sich ihnen gegenüber widerständig zu verhalten. Das SPP versucht die verschiedenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Prozesse dieses Raums nach drei grundsätzlich beschreibbaren Bereichen – den Rohstoffregimen, den institutionellen Verhältnissen und der Mobilität seiner Bewohnerinnen und Bewohner – nachzuzeichnen. Dabei sind die verschiedenen Formen von Krisenbewältigung und Resilienzen sowie die kulturelle Integrationsfähigkeit als tragende Elemente dieser Hochlandgesellschaften die Basis der verschiedenen SPP-Projekte.
Die zweite Phase des SPP wird in den Jahren 2023 und 2024 ergänzend an empirischen Daten arbeiten und von 2024 bis 2026 verstärkt die verschiedenen Erkenntnisse zusammenbringen. Dabei betrachten die Forschenden das iranische Hochland in einer multiskalaren Langzeit-Perspektive als Mosaik von Landschaften und ihrem ökologischen Wandel – einschließlich des Klimas –, mittelfristigen Konjunkturen und einer kurzfristigen Geschichte von Ereignissen.
„Gerade in dieser Zeit der politischen Unruhen im Iran ist die Verlängerung des Schwerpunktprogramms ein wichtiges Zeichen, dass wir die Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dort fortsetzen wollen. Auch wenn wir in Europa den Iran immer weniger aus eigener Anschauung kennen: Seine Kulturgeschichte und die Beziehungen zu diesem Land und seinen Menschen sind weitaus enger, als wir zunächst denken würden“, sagt Thomas Stöllner.