Zentrum eröffnet Eine Frage der Kulturen
Plural statt Singular: Ein Neues Zentrum an der RUB erforscht traditionelle chinesische Kulturen.
Zhongguo, der heutige Eigenname Chinas, bezeichnete ursprünglich die Länder und nicht das Reich der Mitte. Schon im Altertum gab es dort mehr als nur eine chinesische Kultur. Mit der Übernahme der chinesischen Schrift und der klassischen chinesischen Literatursprache in Japan, Korea und Vietnam verbreitete sich dieses vielfältige kulturelle Erbe in ganz Ostasien und wandelte sich dabei ständig weiter. Sein Einfluss reicht bis in die Gegenwart hinein und ist Gegenstand des Centers for the Study of Traditional Chinese Cultures, das am 12. Juli 2019 feierlich eröffnet wurde.
Das neue sinologische Forschungszentrum ist an der Fakultät für Ostasienwissenschaften der RUB verankert und wird von Prof. Dr. Christian Schwermann geleitet. Der Rektor der RUB, Prof. Dr. Axel Schölmerich, betont die Bedeutung des Centers: „Mit seiner internationalen und fachübergreifenden Vernetzung steht es beispielhaft für unsere Gesamtstrategie Creating Knowledge Networks.“
Datenbank des Klassischen Chinesisch
Das Zentrum hat starke internationale Kooperationspartner mit den Universitäten Kyoto (Japan), Oslo (Norwegen), Princeton (USA), Jiaotong (Shanghai, Volksrepublik China) und Zhengzhou (China). Gemeinsam bauen sie eine der weltweit größten Sammlungen von elektronischen Volltexten des Klassischen Chinesisch weiter aus: den Thesaurus Linguae Sericae, kurz TLS. Er bildet die Grundlage für die Erforschung der chinesischen Begriffs- und Ideengeschichte. Der TLS wurde bisher in Heidelberg betrieben und gepflegt und wird fortan, betreut von einem internationalen Herausgeberteam, an der RUB gehostet.
Forschung mit unvoreingenommenem Blick
Wann wurde aus den „Ländern der Mitte“ das „Reich der Mitte“? Warum musste der Plural dem Singular weichen? „Es sind Fragen wie diese, die nicht nur ein Schlaglicht auf unseren Forschungsschwerpunkt werfen, sondern uns auch vor Augen führen, wie wichtig eine unvoreingenommene Beschäftigung mit der chinesischen Begriffsgeschichte in der heutigen Zeit ist“, sagt Schwermann.
Internationales Symposium
Eingebettet wurde die Eröffnung des Centers, das sich CSTCC abkürzt, in ein internationales Symposium mit 60 Teilnehmern aus aller Welt, darunter Gäste aus Frankreich, Norwegen, Kanada, der Schweiz, den USA und natürlich aus China. Weltweit führende Expertinnen und Experten für die Historische Semantik der chinesischen Sprache und die Geschichte der chinesischen Schrift beschäftigten sich in Bochum zwei Tage lang intensiv mit dem Thema „Kneeling Women, Blinded Slaves – Character Interpretation and the Historical Semantics of Chinese Terms of Dependency“. Die Veranstaltung wurde vom Bonn Center for Dependency and Slavery Studies und der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.