Förderung Zeit für die Doktorarbeit dank Esser-Stipendien
Was die Erforschung des Cocktail-Party-Effekts mit der Untersuchung des Lebenszyklus von Tunneln gemeinsam hat? Eine finanzielle Unterstützung.
Die Gesellschaft der Freunde (GDF) der RUB verleiht am 25. Oktober 2018 sechs Promotionsabschluss-Stipendien an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Mit den monatlich 750 Euro, die aus der Wilhelm-und-Günter-Esser-Stiftung stammen, soll gewährleistet werden, dass die Doktorandinnen und Doktoranden ihre Arbeiten ohne Geldsorgen oder Nebenjob beenden können. Mit welchen Themen sie sich beschäftigen, erzählen sie allen Interessierten während der Stipendienverleihung ab 18 Uhr im Blue Square.
Der Cocktail-Party-Effekt
Michael-Christian Schlüter beispielsweise hat während seiner Doktorarbeit im Bereich Psychologie herausgefunden, dass Männer erheblich besser mit dem sogenannten Cocktail-Party-Effekt umgehen können als Frauen. Dahinter verbirgt sich nicht etwa eine höhere Alkohol-Toleranzschwelle. „Es beschreibt eine ganz faszinierende Eigenschaft des menschlichen Gehörs. Nämlich die Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit auf ausgewählte Orte im Raum fokussieren und dabei irrelevante Informationen unterdrücken zu können“, erklärt Michael-Christian Schlüter. Dass bei seinen experimentellen Untersuchungen Männer viel besser abschnitten als Frauen, überraschte ihn selber. Im weiteren Verlauf seiner Arbeit möchte er herausfinden, welche Gründe für den geschlechterspezifischen Unterschied verantwortlich sind.
Schmerz ist nicht gleich Schmerz
Philosophin Sabrina Coninx geht in ihrer Arbeit dem Schmerz auf den Grund. Zwar hat jeder Mensch schon Erfahrungen mit den unterschiedlichsten Arten von Schmerzen gemacht – sei es Rücken-, Kopf- oder gar Phantomschmerz – doch aus erkenntnistheoretischer Sicht ist es nicht einfach, das Phänomen allgemeingültig zu definieren und zu erklären. Sabrina Coninx will daher Eigenschaften finden, die allen Arten von Schmerz zugrunde liegen. Dabei berücksichtigt sie Aspekte der Neurowissenschaft, Psychologie, klinischer Medizin und Biologie. Ihr Fazit bisher: „Die verschiedenen Arten von Schmerz unterscheiden sich fundamental, was neuronale Korrelate, kausale Grundlagen und evolutionäre Funktionen angeht. Trotzdem bin ich überzeugt, dass eine theoretisch überzeugende und praxisnahe Theorie des Schmerzes möglich ist.“
Binnenflüchtlinge in Georgien
Mit einem sozialwissenschaftlichen Thema setzt sich Doktorandin Carolin Funke auseinander. Ein halbes Jahr lang hat sie zu Forschungszwecken in Georgien gelebt. In kaum einem anderen Land auf der Welt sind – verglichen mit der Gesamtbevölkerung – so viele Menschen innerhalb der eigenen Heimatgrenzen auf der Flucht wie dort. Da die Flüchtenden im eigenen Land verbleiben, genießen sie im internationalen Recht keinen speziellen Schutz. Allerdings gehört Georgien zu den weltweit zwei Ländern, die zum Schutz von Binnenflüchtlingen ein Gesetz und eine Politikstrategie auf Basis von Leitlinien erlassen haben. Vor Ort hat sich Carolin Funke ein Bild davon gemacht, wie diese Leitlinien umgesetzt werden. Ihr Eindruck: „Auch drei Jahrzehnte nach ihrer Vertreibung wird den Flüchtlingen kaum Beachtung geschenkt, und sie leben unter prekären Bedingungen.“ Funke versucht zu erkären, warum die Normen in Georgien nur unzureichend umgesetzt werden und welche allgemeinen Rückschlüsse man daraus für die Umsetzung der internationalen Normen ziehen kann.
Gedächtnis, Menschenbild und Tunnelbau
Die anderen drei von der GDF geförderten Doktorarbeiten sind nicht weniger spannend. Im Bereich der kognitiven Neurowissenschaft untersucht Frederik Theissen, wie das Gedächtnis arbeitet. Tobias Thanisch aus der Philologie beschäftigt sich mit der Frage, wie die Literatur des frühen 20. Jahrhunderts den Menschen neu definiert. Und Ngoch Anh Pham trägt mit ihrer Doktorarbeit dazu bei, die Kosten und das erforderliche technische Know-how beim Bau und der Instandhaltung im Bereich Tunnelbau besser einschätzen zu können.