Beate Lippold präsentiert den RUB-Würfel am Bassin de la Villete im 19. Arrondissement von Paris. © Privat

Nach dem Anschlag Unendliche Traurigkeit

Die RUB hat Beate Lippold als hässlich empfunden. Sie hat dort nur studiert, weil sie zufällig aus Bochum stammt. Nun musste sie erfahren, dass es auch in ihrer Wahlheimat Paris nicht immer schön ist.

Nach dem Attentat auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ und weiteren Anschlägen gilt in Frankreich die höchste Terrorwarnstufe. Wie empfinden Sie die aktuelle Situation in Paris?
Wir Pariser reagieren ganz und gar nicht in Panik und Angst und empfinden keinen Hass, sondern unendliche Traurigkeit. In der Métro, die ich jeden Morgen nutze, sind die Menschen weniger aggressiv und erscheinen gegenüber ihren Mitmenschen plötzlich zuvorkommender.

Franzosen sind im allgemeinen Miesepeter, kritisieren alles und jeden und haben in der aktuellen Krisenzeit einen Hang zum Nationalismus, der auch zum Erfolg der nationalistischen Partei Front National geführt hat. Dadurch ist der Eindruck entstanden, die Franzosen wären ausländerfeindlich und egozentrisch. Doch nach dem Grauen zeigt sich genau das Gegenteil. Das gibt mir wieder Sicherheit und Vertrauen in dieses Land, das ich lieben gelernt habe.

Alle, unabhängig von Kultur und Religion, „sind heute Charlie“ und vereinen sich über die Sozialen Medien und auf den Plätzen ihrer Städte. Sie haben endlich einen gemeinsamen Kampf wiedergefunden: den Kampf um Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und gegen jeglichen Ansatz eines neuen Faschismus.

Ich habe sofort zugeschlagen und bin für ein Jahr nach Bourges gezogen.

Was machen Sie in Paris und was hat Sie von der RUB dorthin geführt?
Nach meinem Grundstudium in Sinologie, Volkswirtschaft und Romanistik (Französisch) hätte ich eigentlich nach China gemusst, was mir aber ganz und gar nicht gefiel. Da ich immer einen Hang zu Frankreich hatte, fragte ich meinen damaligen Betreuer, Prof. Dr. Helmut Martin, ob ich nicht ein Jahr nach Paris an die Hochschule für Orientale Sprachen und Zivilisationen gehen könnte.

Da diese sehr renommiert ist und Prof. Martin engen Kontakt zu dieser Schule hatte, hat er mein Vorhaben sofort unterstützt. Ich kam dann nach einem Jahr zurück nach Bochum, um weiter Sinologie zu studieren, war aber dazu wenig motiviert. Glücklicherweise hat mich die Hochschule in Paris kontaktiert und mir einen anderen Studienzweig angeboten, der auf das Grundstudium aufbaute. Da habe ich sofort zugeschlagen und bin für ein Jahr nach Bourges gezogen.

Den Rest des Studiums bis zum Diplom habe ich wieder in Paris verbracht. Heute arbeite ich in der Informationssystemabteilung von Valeo, einem der größten internationalen Fabrikanten von Autoteilen. Dort kümmere ich mich hauptsächlich um das Change Management und um Kommunikation bei großen Systemwechseln, die die Arbeitsweisen der Mitarbeiter von Grund auf ändern. Ich habe den Vater meiner drei Söhne hier kennengelernt und wir leben hier zusammen im 19. Arrondissement von Paris.

Wie sieht ein typischer Tag als Cultural Change Managerin aus? Gibt es diesen überhaupt?
Nein, Sie haben Recht, den gibt es nicht wirklich. Kein Tag gleicht dem anderen und das ist genau das, was ich brauche. Wir bereiten entweder Sensibilisierungs- oder andere Kommunikationskampagnen vor, sind dabei kreativ oder arbeiten mit Kommunikationsagenturen zusammen. Da kann man mal an einer Filmproduktion teilnehmen oder Poster gestalten.

Wir sind immer bereit, auf Fragen unserer Mitarbeiter zu antworten, nutzen dafür die neuesten Tools wie kollaborative Webseiten, Blogs, Soziale Medien usw. Wir machen natürlich auch Meinungsumfragen. Also, im Großen und Ganzen ist es ein Kommunikationsjob, bei dem man ein bisschen von Computersystemen verstehen muss.

Zum Studium an die RUB: Wie kam es dazu?
Ich wollte immer Sprachen studieren, und die Ruhr-Uni hatte da ja schon vor 30 Jahren ein Riesenangebot. Warum sollte ich mich als Bochumerin an eine andere Uni wenden?

Bevor Sie an der RUB-Würfelreise teilgenommen haben: Wann und warum haben Sie das letzte Mal an Ihre Alma Mater gedacht?
Ich kann nicht genau sagen wann, aber ich habe im Zusammenhang mit meiner Heimatstadt Bochum regelmäßig auch an die Ruhr-Uni gedacht. Ich habe noch meine ganze Familie in Bochum. Angesichts der katastrophalen Wirtschaftssituation – ich denke da zum Beispiel an Nokia und Opel – sage ich mir und meinen Freunden immer: Wir haben Kultur und vor allen Dingen Bildung in Bochum, die Grundsteine einer Gesellschaft. Da spielt die RUB natürliche eine riesengroße Rolle.

Wenn Sie jemandem von der RUB erzählen: Welche vier Worte würden Sie mit Sicherheit verwenden?
Riesig, hässlich (Entschuldigung, aber das war damals der Fall), aber im Grünen, vielfältig und aktiv.

Das ist die Welt, die mir am besten steht.

Warum haben Sie den RUB-Würfel im Bassin de la Villete fotografiert? Welche Bedeutung hat dieser Ort für Sie?
Ich wohne fünfzig Meter von dieser Brücke entfernt. Ich liebe dieses Viertel, das so ganz anders ist als das Haussmann-Paris [Baron Georges-Eugène Haussmann wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von Kaiser Napoleon III. zum Präfekt von Paris ernannt und führte innerhalb von 17 Jahren eine umfangreiche Neugestaltung der Hauptstadt durch, Anmerkung der Redaktion]. Es ist eine Mischung von Stadt, Natur, Kultur und Industrie, sowie eine Mischung aus vielen Nationalitäten. Das ist die Welt, die mir am besten steht.

Wenn Sie den RUB-Würfel behalten könnten, welche Kulisse würden Sie für das nächste Foto wählen?
Die alte „Opera Garnier“ oder das Pariser Rathaus, die beide für mich die schönsten und typischsten Bauten der Stadt sind.

Kontakt

Jeder, der an der RUB studiert, gelehrt oder gearbeitet hat, kann sich den RUB-Alumni anschließen. Als Mitglied profitieren die Ehemaligen von zahlreichen Angeboten, unter anderem Karriere-Workshops, Alumni-Treffen und kostenfreien Abos der Campuszeitung Rubens und des Wissenschaftsmagazins Rubin. Die Anmeldung ist möglich unter www.rub.de/alumni

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Von

Sabrina Kircher

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