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„In Frieden zu leben ist das größte Glück“
Aasma Jabeen, geboren in Pakistan, und Inisha Upadhyay aus Nepal studieren seit dem Wintersemester 2016/17 „Humanitäre Hilfe“ an der RUB. In ihren Heimatländern arbeiten beide ehrenamtlich im Katastrophenschutz und berichten im Interview von ihren Erfahrungen.
Frau Jabeen, wie sieht Ihr ehrenamtliches Engagement in Ihrer Heimat aus?
Jabeen: Ich komme aus einer sehr armen Region in Pakistan, Dort gibt es kaum Schulen. Mädchen haben eigentlich keine Chance, lesen und schreiben zu lernen. Meine drei Schwestern und ich sind in einer Kleinstadt in der Obhut meiner Großmutter aufgewachsen, die sich sehr für uns eingesetzt hat.
Wir alle haben das Abitur gemacht und studiert. Ich habe mich für englische Literaturwissenschaften entschieden. Über Freunde habe ich von dem Projekt „Pridea“ erfahren. Das ist eine Hilfsorganisation, die Freiwillige für den Katastrophenschutz ausbildet.
Als Einheimische habe ich schnell Zugang zu den Dorfbewohnern.
Ich spreche insgesamt fünf Sprachen (Nepali, Hindi, Urdu, Englisch und Deutsch) und konnte daher schnell in die Arbeit einsteigen. Wir besuchen beispielsweise regelmäßig schwer zugängliche Dörfer in Pakistan und bauen temporäre medizinische Lager auf. Die Bewohner können sich dort behandeln lassen, und wir klären sie über die Grundregeln der Hygiene auf.
Als Einheimische, dazu noch als muslimische Frau, bekomme ich schnell Zugang zu den Dorfbewohnern und erfahre mehr über ihren Alltag. Sie berichten mir über ihre Probleme und ihre Sorgen, und ich sehe vor Ort, welche Unterstützung die Menschen am dringendsten benötigen. Dieses Wissen nehme ich dann wieder zurück in unsere Zentrale in Islamabad, und wir planen weitere Hilfseinsätze.
Frau Upadhyay: Wie engagieren Sie sich in Ihrer Freizeit?
Upadhyay: Meine Familie stammt aus Nepal. Ich habe mich nach der Schule dafür entschieden, in Australien einen Bachelor im Gesundheitswesen zu machen. Dort habe ich fast zehn Jahre gelebt und nur meine Urlaube in der Heimat verbracht. Auch in Nepal ist der Zugang zu Bildung nicht für alle Menschen gleichermaßen möglich. Gerade die jungen Menschen brennen darauf, zu lernen und sich weiterzubilden.
Die Kinder sind nicht alphabetisiert.
Da ich recht gut Englisch spreche, habe ich in Nepal versucht, Englisch zu unterrichten. Natürlich ist das nicht immer einfach, da Unterrichtsmaterialien fehlen oder die Kinder nicht richtig alphabetisiert sind. Auch in Australien habe ich mich ehrenamtlich engagiert und beispielsweise Aborigines über den Umgang mit Medikamenten und dem Gesundheitssystem aufgeklärt.
Sie beide haben sich bei Ihrem Studium in Bochum kennengelernt, warum sind Sie für den Masterstudiengang Humanitäre Hilfe nach Deutschland gekommen?
Jabeen: Was mich und Inisha verbindet, ist der Wunsch, unsere freiwillige und ehrenamtliche Arbeit auf ein festes Gerüst zu stellen. Wir sind an die RUB gekommen, um im Master Humanitäre Hilfe zu lernen, wie man nach Naturkatastrophen oder anderen Krisen professionell agiert und die Arbeit der Freiwilligen koordiniert.
Upadhyay: Es ist in unseren Heimatregionen sehr wichtig, einen Abschluss vorweisen zu können, besonders als Frau. Nur so wird man von den örtlichen Hilfsorganisationen als Ansprechpartner auf Augenhöhe betrachtet und kann sich strategisch und strukturell in die Arbeit einbringen. Nach dem schweren Erdbeben 2015 in Nepal, bei dem fast 9.000 Menschen starben, ist der Wiederaufbau des Landes noch lange nicht abgeschlossen. Ich hoffe, dazu einen Beitrag leisten zu können.
Das Netzwerk Noha (Network on Humanitarian Action) bildet seit 1993 an 17 Universitäten weltweit Katastrophenhelfer aus. Die Ruhr-Universität Bochum ist als einzige deutsche Universität im Netzwerk vertreten und bietet den englischsprachigen Studiengang „Humanitäre Hilfe“ an.
Wie unterscheidet sich Ihr Alltag in Bochum von dem in Ihrer Heimat?
Jabeen: Zwar haben wir gerade mal ein Semester absolviert, aber der Studiengang und auch das Leben in Bochum gefallen mir sehr. Ich weiß, dass es für die Menschen hier selbstverständlich ist, sich frei zu äußern und zu bewegen. Für mich ist dieses Leben in Freiheit und Frieden aber unglaublich wertvoll, da ich lange Zeit in einer Gesellschaft leben musste, die von der Taliban beherrscht wird. In Frieden zu leben ist für mich das größte Glück.
Ein interessantes Ehrenamt, ein außergewöhnlicher Nebenjob oder ein spannendes Hobby: Wir wollen wissen, wer die Menschen sind, die über den RUB-Campus laufen. Was machen sie, wenn sie nicht an der Uni arbeiten, studieren, lehren und lernen? Interesse, dabei zu sein? Einfach eine E-Mail an die Redaktion schreiben. Wir freuen uns!
22. März 2017
09.28 Uhr