Mutmacherin Vom Arbeiterkind zur Doktorandin
Elena Schick ist die Erste in ihrer Familie, die studiert und promoviert. Schülern aus Arbeiterfamilien macht sie Mut, ihren Weg zu gehen.
In meiner Freizeit engangiere ich mich ehrenamtlich für die Initiative Arbeiterkind.de. Ich bin in der lokalen Gruppe in Bochum aktiv und der wichtigste Termin ist für uns der erste Mittwoch im Monat. Dann treffe ich mich mit den anderen Ehrenamtlichen in der Kneipe Summa cum Laude zum Stammtisch. Ab 18 Uhr besuchen uns dort Schüler und Studierende, um sich mit uns auszutauschen. Wir helfen übrigens allen Ratsuchenden, egal ob sie die Ersten in ihrer Familie sind, die studieren, oder nicht.
Ein Studium finanzieren
Im Mittelpunkt unserer Gespräche steht häufig die Frage, welche Möglichkeiten es gibt, ein Studium zu finanzieren. Ich erkläre, welche Unterlagen benötigt werden, um Bafög zu beantragen und wie lange die Beantragung in der Regel dauert. Häufig mache ich auch darauf aufmerksam, welche Vielzahl von Stipendien es für Studierende gibt.
Die erste Reaktion der Studierenden ist dann: „Für ein Stipendium sind meine Noten nicht gut genug.“ Früher hätte ich auch so reagiert. Jetzt weiß ich aber, dass viele Stiftungen und Geldgeber nicht nur auf gute Noten, sondern vor allen Dingen auf das soziale Engagement der Bewerber achten. Daher ermutige ich die Studierenden, sich zu bewerben und biete ihnen an, sie bei der Bewerbung zu unterstützen.
Die persönlichen Erfahrungen der Ehrenamtlichen sind unser größter Wissensschatz.
Nicht immer habe ich auf alle Fragen beim Stammtisch gleich die passende Antwort. Dann tausche ich mich mit den anderen engagierten Studierenden aus oder nutze das bundesweite Netzwerk von Arbeiterkind.de, um eine Lösung zu finden. Die persönlichen Erfahrungen der Ehrenamtlichen sind unser größter Wissensschatz, den wir gerne teilen und weitergeben.
Neben dem Stammtisch besuche ich auch regelmäßig Schulen für Workshops. Dort arbeite ich mit Schülern, die kurz vor dem Abitur stehen, an Themen wie: Warum sollte ich studieren? Wie funktioniert ein Studium? Wie finanziere ich ein Studium?
Es hat mich viel Mut gekostet, das Studienfach zu wechseln.
Ich selber möchte mit meiner Studiengeschichte Vorbild sein: Ich bin in Russland geboren und habe in Deutschland als erste in der Familie Abitur gemacht. An der Ruhr-Universität habe ich mich wegen der vermeintlich guten Berufsaussichten zuerst für ein Studium in den Ingenieurwissenschaften entschieden. Die Studieninhalte haben mich aber nicht begeistert, und ich habe den Spaß am Studium verloren.
Es hat mich viel Mut gekostet, das Studienfach zu wechseln und in die Geisteswissenschaften zu gehen. Heute bin ich sehr froh, dass ich meinen Master in Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaften abgeschlossen und mich für eine Promotion entschieden habe.
Nicht jeder Schüler muss studieren
Bei meinem Einsatz für Arbeiterkind.de geht es mir persönlich und der Initiative nicht darum, alle Schüler davon zu überzeugen, dass sie studieren sollen. Wenn sich aber jemand gegen ein Studium entscheidet, dann soll sie oder er dies nicht aus Unsicherheit oder Unwissenheit tun. Und die, die studieren möchten, sollten die Chance dafür bekommen und den Mut haben, sie zu nutzen.