Binationale Promotion „Es ist die Mühe mehr als wert“
David Zanders hat seine Promotion zugleich an der Ruhr-Universität und einer kanadischen Uni absolviert. Was das Besondere daran war und wie ihn der Austausch zum Wettkampfaxtwerfen brachte, erzählt er im Interview.
Erst wenige Tage ist es her, dass David Zanders sich einen Doktorhut auf den Kopf setzen durfte. Der Chemiker promovierte Mitte Dezember 2022 in der Arbeitsgruppe für Chemie Anorganischer Materialien bei Prof. Dr. Anjana Devi. Aber nicht nur dort. Seine Promotion erfolgte nicht nur an der Ruhr-Universität Bochum, sondern auch an der Carleton University in Ottawa, Kanada, und war äußerst produktiv. So hat die Publikationsliste des frisch gebackenen Doktors der Naturwissenschaften bereits 25 Einträge, und seine Promotionsprüfung schloss er mit Auszeichnung ab. Im Interview blickt David Zanders zurück und erzählt, wie es zu der binationalen Promotion kam, erklärt die Vorteile und gibt Tipps für Promotionsinteressenten, die ebenfalls nach Auslandserfahrung suchen.
Herr Zanders, was war Ihre Motivation für die binationale Promotion?
Ich hatte und habe die Überzeugung, dass internationale Zusammenarbeit gerade im Bereich der Forschung nicht nur für die allgemeine Verständigung wichtig ist, sondern auch zu besseren Ergebnissen führt. Neben der rein fachlichen Motivation wollte ich aber auch meinen persönlichen Traum erfüllen, in meinem Gastland Kanada viel Zeit zu verbringen, ohne für meine Promotion alle Zelte an der Ruhr-Universität abbrechen zu müssen.
Was waren die Vorteile?
Auf fachlicher Ebene zählen zu den Vorteilen sicher die Aufwertung der Sprachkompetenz allgemein. Aber noch wichtiger war es, sich wissenschaftlich gleich mit Kolleg*innen mehrerer Forschungsgruppen austauschen zu können, die mit unterschiedlichen Ansätzen an Fachprobleme herangehen. Das hat mir persönlich sehr geholfen, neue Ideen und Konzepte zu entwickeln und sie an beiden Standorten gemeinsam mit meinen Kolleg*innen auf die Probe zu stellen. Neben dem Fachlichen gibt es natürlich noch die interkulturelle Komponente. Da ich viel Zeit in Kanada verbringen durfte – eben nicht nur arbeitend im Labor oder im Büro – habe ich Land, Leute und ihre vielschichtige Geschichte intensiv und persönlich kennenlernen dürfen.
Welches Erlebnis aus der Promotionszeit ist Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben?
Es gab viele schöne Momente und spannende Erfahrungen, die ich während meiner Promotion in beiden Arbeitsgruppen machen durfte. Wenn ich eine Sache auswählen müsste, dann wäre es ein Ereignis aus Kanada, das rein gar nichts mit Wissenschaft zu tun hatte. Damals hatten wir eine „group activity“ geplant, und ich wusste vorab nicht genau, was wir machen würden. Es stellte sich heraus, dass wir uns einen Nachmittag lang im Wettkampfaxtwerfen messen würden. Als Freizeitaktivität war und ist es dort sehr beliebt. Ich war sehr erstaunt, aber für mein erstes Mal habe ich mich recht gut geschlagen, soweit ich mich erinnere.
Und womit haben Sie sich rein fachlich gesehen beschäftigt?
Ich habe neuartige Präkursoren für chemische Gasphasenabscheidungsprozesse entwickelt und getestet, etwa für die Atomlagenabscheidung. Mit dem Verfahren kann man extrem dünne Schichten auf eine Oberfläche auftragen, was zum Beispiel in der Halbleiterindustrie sehr wichtig ist. Das abzuscheidende Material ist dabei zunächst an Trägersubstanzen gebunden, die Präkursoren, und verbleibt im Zuge des Prozesses auf der Oberfläche.
In Ottawa und in Bochum habe ich an unterschiedlichen Prozessschritten gearbeitet, wobei sich die Aufgabenteilung in hohem Maß an der Kernexpertise und Infrastruktur des jeweiligen Standorts orientiert hat.
Welchen Rat hätten Sie für Studierende, die ebenfalls Zeit im Ausland verbringen wollen oder sich sogar eine binationale Promotion vorstellen könnten?
Besonders für eine binationale Promotion ist es wichtig, schon früh – mindestens ein Dreivierteljahr vor Beginn der Promotion – mit der Planung zu beginnen: Man muss sich mit einer potenziellen Partnerarbeitsgruppe, mit dem eigenen Graduiertenbüro und mit dem des Gastinstituts sowie den Universitätsverwaltungen austauschen. Denn das Promotionsprogramm wird individuell ausgehandelt. Das braucht Zeit und Einsatz. Die Mühe ist es allerdings mehr als wert, denn alle profitieren von dem Resultat. Für Promovierende kann das zum Beispiel das (teilweise) Wegfallen von Studiengebühren an der Gastinstitution bedeuten, da vor Ort keine Kurse besucht werden müssen, die anderenfalls zum regulären Promotionsprogramm gehören.
Ein wichtiger Aspekt ist auch, sich zeitig auf Stipendien zu bewerben, beispielsweise beim Deutschen Akademischen Austauschdienst oder fachrichtungsbezogenen Trägern. Ein Blick auf internationale oder binationale Förderprogramme im Gastland ist sicherlich auch nicht verkehrt. Gerade um im Gastland ein Studienvisum erfolgreich beantragen zu können, ist es wichtig, die eigene finanzielle Absicherung darlegen zu können.