Datenreihe Neu ernannt

Jan Baedke ist an der Ruhr-Universität Bochum neu ernannter Professor für Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte.

© RUB, Kramer

Philosophie

Jan Baedke verbindet Wissenschaftstheorie und -geschichte

Üblicherweise werden die beiden Felder getrennt betrachtet. Der neu ernannte Professor integriert die zwei Disziplinen und befasst sich mit so unterschiedlichen Themen wie Pflanzensammlungen oder dem Rassebegriff.

Jan Baedke hat seit Dezember 2025 an der Ruhr-Universität Bochum die Professur für Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte inne. An der Fakultät für Philosophie und Erziehungswissenschaft vereint der Forscher zwei Disziplinen, die häufig getrennt betrachtet werden. Thematisch führt ihn das in unterschiedliche Bereiche. Nachdem er in den vergangenen Jahren viel über den Organismus-Begriff und dessen Rolle in den Biowissenschaften forschte, widmet er sich aktuell dem Konzept der Rasse in der Wissenschaft und rekonstruiert die Geschichte von Pflanzensammler*innen und der Erstellung von Herbarien.

Rassebegriff in der Wissenschaft und ERC-Grant-Projekt zu Herbarien

„Mich interessiert zum einen, warum der Rassebegriff in jüngeren Forschungskontexten der Epigenetik oder Mikrobiomforschung einfach nicht tot zu kriegen ist, was Klassifikationen wie Rasse in Wissenschaft und Gesellschaft anrichten und was man dagegen tun kann“, sagt Jan Baedke. Zum anderen warb er 2025 einen der renommierten ERC Consolidator Grants vom Europäischen Forschungsrat ein, mit dem er künftig das Vermächtnis jahrhundertealter Herbarien erforschen will.

Die modernen Biowissenschaften haben solche Sammlungen getrockneter Pflanzen für sich wiederentdeckt, da Herbarien Unmengen an Daten über vergangene klimatische Verhältnisse – inklusive CO2-Konzentration – sowie deren Auswirkungen auf Biodiversität bergen. 400 Millionen Herbar-Belege sind in ihnen verzeichnet, die aktuell rasant digitalisiert werden. Deren Genanalysen versprechen wertvolle Erkenntnisse, wie sich etwa Nutzpflanzen besser gegen den Klimawandel wappnen lassen.

Eine einzelne Person kann zehntausende oder gar hunderttausende Exemplare zu heutigen digitalisierten Herbarien beigetragen haben.

— Jan Baedke

Baedke betrachtet die Herbarien aus historischer Perspektive und rekonstruiert die Geschichten der Menschen, die diese relevanten Sammlungen angelegt haben. „Oft waren das keine Wissenschaftler, sondern lokale und indigene Akteure, die im Auftrag von Botanikern aus den USA oder Europa Pflanzen in ihrer Heimat zusammentrugen“, erklärt Baedke. „Eine einzelne Person kann zehntausende oder gar hunderttausende Exemplare und damit unzählige Biodiversitätsdaten zu heutigen digitalisierten Herbarien beigetragen haben.“

Zusammenarbeit mit indigenen Akteuren in Indonesien

Für ein Projekt zu lokalen indonesischen Planzensammler*innen arbeitet der Forscher unter anderem mit einer „Indigenous Rights Group“ in Indonesien zusammen, die sich mehr Berücksichtigung lokaler Akteure bei der Gesetzgebung zum Biodiversitätsschutz in ihrem Land erhofft. „Wenn unser Projekt zeigen würde, welche große historische Relevanz indigene Akteure für die Erzeugung von Pflanzen- und Biodiversitätsdaten hatten, könnte das diesen Menschen helfen, Gehör zu finden“, so Baedke. „Ein solcher Effekt des Projekts wäre natürlich toll.“

In Bochum verwurzelt

Mit dem ERC-Grant-Projekt möchte Jan Baedke seiner wissenschaftlichen Karriere ein weiteres Kapitel an der Ruhr-Universität Bochum hinzufügen, der er – mit einem kurzen Abstecher nach Jena und verschiedenen Forschungsaufenthalten im Ausland – seit vielen Jahren treu ist. „Immer wenn ich Angebote hatte, woanders hinzugehen, gab es eine bessere Option in Bochum“, erinnert er sich. „Und darüber bin ich alles andere als traurig.“

Zur Person
  • 2003 bis 2010: Studium der Biologie und Philosophie, Ruhr-Universität Bochum
  • 2014: Promotion, Ruhr-Universität Bochum
  • 2014 bis 2019: Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Philosophie I, Ruhr-Universität Bochum
  • 2014 bis 2019: Forschungsaufenthalte an der City University of New York, National Autonomous University of Mexico City, University of Exeter, dem Konrad-Lorenz-Institut für Evolutions- und Kognitionsforschung in Wien und der University of Cambridge
  • 2019: Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Zoologie und Evolutionsforschung, Ernst Haeckel Haus, Friedrich-Schiller-Universität Jena
  • 2019 bis 2025: Juniorprofessur für Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftstheorie und Emmy Noether-Gruppe „The Return of the Organism in the Biosciences: Theoretical, Historical, and Social Dimensions“, Ruhr-Universität Bochum
  • 2023: Habilitation, Ruhr-Universität Bochum
    Seit Dezember 2025: Professur für Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftstheorie, Ruhr-Universität Bochum

Veröffentlicht

Dienstag
09. Dezember 2025
10:15 Uhr

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