Biologie Wie das Antibiotikum Daptomycin wirkt
Daptomycin ist eine der wirksamsten antibakteriellen Substanzen auf dem Markt. Wie genau es Bakterien tötet, war lange unklar. Bis diese neue Studie kam.
Forscher haben im Detail aufgeklärt, wie das Antibiotikum Daptomycin die Membran von Bakterien schädigt. Das Mittel vertritt die neueste antibakterielle Wirkstoffklasse auf dem Markt; Ärzte setzen das Medikament nur bei besonders hartnäckigen Keimen wie MRSA ein. Frühere Studien zu Daptomycin hatten drei unterschiedliche Modelle zum Wirkmechanismus ergeben.
Welche dieser Erklärungen zutrifft, beschreibt ein Forscherteam aus Amsterdam, Bonn, Bochum und Newcastle in der Zeitschrift „PNAS“. Unter den Autoren sind Prof. Dr. Julia Bandow, Dr. Michaela Wenzel und Bastian Kohl, die in der RUB-Arbeitsgruppe Angewandte Mikrobiologie forschen oder geforscht haben.
Nebenwirkungen und Resistenzen
„Wenn wir die Wirkmechanismen von Medikamenten verstehen, können wir nach strukturell neuen Stoffen mit ähnlicher Wirkung suchen“, erklärt Julia Bandow. „Im speziellen Fall von Antibiotika kann ein gutes Verständnis des antibakteriellen Wirkmechanismus außerdem dazu beitragen, das Risiko für Nebenwirkungen oder Resistenzentwicklung zu beurteilen.“
Drei Modelle
Die drei Hypothesen zur Wirkweise von Daptomycin gingen davon aus, dass der Wirkstoff entweder die Synthese der Zellwand hemmt, Löcher in die darunter liegende Zellmembran reißt oder die Geometrie der Zellmembran ändert, sodass sich lebenswichtige Proteine nicht mehr korrekt in ihr einlagern.
Nach umfangreichen Analysen mit verschiedenen Methoden bestätigte die aktuelle Studie Modell Nummer eins: Daptomycin hemmt die Zellwandsynthese. Für die anderen zuvor vorgeschlagenen Hypothesen fand die Gruppe keine Belege. Stattdessen deckten sie einen weiteren neuen Wirkmechanismus auf.
Neuer Wirkmechanismus
Die aus Lipiden bestehende Zellmembran ist nicht gleichförmig aufgebaut. Einige Bereiche sind viel fluider als andere und beherbergen bestimmte Proteine, die an wichtigen Prozessen beteiligt sind. Daptomycin bringt die Lipidorganisation der Membran durcheinander; es modifiziert die fluiden Membranbereiche so, dass manche Proteine nicht mehr an der Membran binden können und sich von ihr lösen – zum Beispiel Enzyme, die für die Zellwandsynthese oder die Lipidsynthese verantwortlich sind.
„Viele Wirkmodelle stellen die Zellmembran immer noch vereinfacht als gleichförmige Struktur dar“, sagt Julia Bandow. „Sie ignorieren die komplexe Lipid-Zusammensetzung und -Organisation und die komplizierte Architektur mit den vielen eingelagerten Proteinen.“ Nur wenn man die reale Komplexität berücksichtige, sei es möglich zu erkennen, dass ein Antibiotikum über eine Variation der Membranfluidität wirkt.