Biologie Bakterien produzieren mehr Substanzen als gedacht
Unter den Stoffwechselprodukten könnten auch pharmazeutische Wirkstoffe sein.
Das Antibiotika produzierende Bakterium Streptomyces chartreusis schüttet weitaus mehr Stoffwechselprodukte aus, als sein Genom hatte vermuten lassen. Das lässt darauf schließen, dass das Bakterium wesentlich komplexere Interaktionen mit der Umwelt eingeht als bislang angenommen.
Ein Team um Prof. Dr. Julia Bandow und Christoph Senges von der RUB-Arbeitsgruppe Angewandte Mikrobiologie analysierte ein breites Spektrum von Stoffwechselprodukten des Bakteriums unter verschiedenen Kulturbedingungen. Die Ergebnisse veröffentlichten sie mit Kollegen aus Bielefeld und Kanada in der international renommierten Zeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
Großteil der bakteriellen Chemie noch unbekannt
„Basierend auf unseren Ergebnissen gehen wir davon aus, dass der Großteil der bakteriellen Chemie – sowohl chemische Strukturen als auch ökologische Bedeutung und pharmakologisches Potenzial – bislang noch unbekannt ist“, sagt Julia Bandow.
Im Erbgut von Streptomyces chartreusis gibt es 128 Gencluster, von denen die Bochumer Forscherinnen und Forscher vermuten, dass sie für die Herstellung von Biomolekülen relevant sind. Sie fanden 1.044 verschiedene Substanzen, die das Bakterium ausschüttet. Von den meisten Stoffen kennen sie bislang nicht die Struktur, sodass sie vermuten, auch neue Stoffklassen entdecken zu können.
Anpassung an die Lebensbedingungen
In der Studie zeigte das Team außerdem, dass ein Biosynthese-Gencluster nicht nur ein Produkt herstellen kann, sondern eine Bandbreite von Substanzen. Je nach Umgebungsbedingungen synthetisiert Streptomyces verschiedene Stoffe. „Wahrscheinlich handelt es sich bei diesem Phänomen um eine Anpassung an die Lebensbedingungen“, sagt Christoph Senges.