Wirtschaftswissenschaft Wenn Insiderinformationen keine mehr sind
Seit 2016 verpflichtet die EU kapitalmarktorientierte Unternehmen Informationen, die den Aktienkurs wesentlich beeinflussen können, früh publik machen. Eine Masterarbeit zeigt: Diese Regel zeigt die erhoffte Wirkung.
Im Jahr 2014 verabschiedete die Europäische Union eine Verordnung, die unter anderem kapitalmarktorientierte Unternehmen dazu verpflichtet, Insiderinformationen wie Gewinnwarnungen oder Insolvenzanträge frühestmöglich öffentlich bekannt zu machen. Die Auswirkungen dieser Regelung hat Simon Loos untersucht. Für seine Masterarbeit, die er an der Universität Bayreuth angefertigt hat, wurde er am 6. Mai 2022 mit dem FAACT-Pellens-Preis 2022 ausgezeichnet. FAACT steht für Finance/Accounting/Auditing/Controlling/Taxation. Die Arbeit wurde betreut von Prof. Dr. Rolf Uwe Fülbier, der am Institut für Unternehmensführung der Ruhr-Universität Bochum ausgebildet wurde. Der Preis, vergeben von der Bernhard-Pellens-Stiftung, ist gedacht für exzellente Abschlussarbeiten von Studierenden der RUB oder anderer Universitäten, sofern sie von ehemaligen RUB-Forschenden betreut wurden.
Einfluss auf den Aktienkurs
Die Marktmissbrauchsverordnung der EU hat das Ziel, einen einheitlichen und stärkeren Rechtsrahmen in allen Mitgliedsstaaten zu schaffen, der die Markteffizienz verbessert und den Marktmissbrauch bekämpft. Ein Instrument dieser Verordnung ist die Veröffentlichung von Insiderinformationen, welche unter anderem kapitalmarktorientierte Unternehmen dazu verpflichtet, Insiderinformationen so bald wie möglich öffentlich bekannt zu geben. „Unter Insiderinformationen sind nicht öffentlich bekannte Informationen zu verstehen, die, wenn sie öffentlich bekannt gemacht werden, geeignet wären, den Aktienkurs des Unternehmens erheblich zu beeinflussen“, erklärt Simon Loos. Solche Informationen können etwa eine Gewinnwarnung, eine Insolvenzanmeldung, Kapitalmaßnahmen oder Ankündigungen sowie Anpassungen von Dividenden sein. „Dabei soll die unverzügliche Veröffentlichung dieser Informationen sicherstellen, dass alle Marktteilnehmenden zeitgleich Zugang zu denselben Informationen bekommen und Insidergeschäften vorbeugen.“
Charakteristika der Veröffentlichung entscheiden mit
Simon Loos hat die Effekte der Veröffentlichung von Insiderinformationen auf den deutschen Kapitalmarkt untersucht. Datengrundlage für seine Studie sind alle Insiderinformationen, die von allen im Regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse zwischen 2012 und 2020 notierten Unternehmen veröffentlicht wurden und im Archiv der Deutschen Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität gespeichert sind. Die Ergebnisse zeigen, dass die Marktreaktionen auf die Veröffentlichung von Insiderinformationen zwischen Indizes, Marktsegmenten, Veröffentlichungszeiten und Schlagworten im Betreff der Veröffentlichung variieren. Die Analyse der Markteffizienz zeigt, dass der deutsche Kapitalmarkt lediglich für Unternehmen bekannter deutscher Aktienindizes – DAX, MDAX, SDAX und TecDax – die veröffentlichten Insiderinformationen vollständig am Tag der Veröffentlichung in den Marktpreis einpreist. „Zusammenfassend kann ich sagen, dass das Instrument der Veröffentlichung von Insiderinformationen die Markteffizienz verbessert und der deutsche Kapitalmarkt neue Informationen teilweise effizient einpreist“, so der Wirtschaftswissenschaftler.