Pilotprojekt Kostenlose Tampons an ausgewählten WCs
Die Ruhr-Universität Bochum setzt ein Anliegen eines studentischen Arbeitskreises um und montiert Tamponspender.
Mit einem Pilotprojekt startet die Ruhr-Universität Bochum ins Wintersemester 2022/2023: Auf ausgewählten Toiletten stehen kostenlos Menstruationsartikel zur Verfügung. Auf zunächst fünf WCs können Personen auf die kostenlosen Tampons bei Bedarf zugreifen. Angestoßen hat das Pilotprojekt ein Arbeitskreis aus Studierenden, die im Austausch mit Kanzlerin Dr. Christina Reinhardt dazu standen. Gemeinsam mit der RUB-Gleichstellungsbeauftragten Friederike Bergstedt und Mitgliedern aus der Verwaltung wurde das Projekt umgesetzt. Wichtig sind den Studierenden bei dem Pilotprojekt vor allem drei zentrale Aspekte: Die Verfügbarkeit von Menstruationsartikeln, eine finanzielle Entlastung und eine Enttabuisierung des Themas Menstruation.
Der Arbeitskreis „Kostenlose Menstruationsartikel“ hat sich Ende 2020 vor allem aus Fachschaftsräten und anderen studentischen Initiativen gegründet. Studierende aus den verschiedenen Fächern haben den Wunsch nach kostenlosen Menstruationsartikeln an die Fachschaften herangetragen. Dort wurde das Anliegen aufgenommen und zu einem Arbeitskreis weiterentwickelt. Mit dabei und engagiert in der Umsetzung des Pilotprojektes sind unter anderem Fotini Kouneli, Maria Brinkmeyer, Sophie Halley und Miriam Brost. „Ein Faktor für die Gründung des Arbeitskreises waren aber sicherlich auch die politischen Entscheidungen auf internationaler und nationaler Ebene, durch die die Debatte um kostenlose Periodenartikel immer stärker in den medialen Fokus gerückt ist“, sagt Fotini Kouneli. Beispielhaft ist das Agieren Schottlands. Dort werden Menstruationsartikel öffentlich und kostenlos angeboten.
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Aufklärung und Sensibilisierung
Ein wichtiger Aspekt bei dem Pilotprojekt an der RUB ist für die Mitglieder des Arbeitskreises auch die Aufklärung und Sensibilisierung rund um das Thema Menstruation. „Kostenlose Menstruationsartikel anzubieten ist ein wichtiger Schritt, doch es reicht nicht aus, um der Stigmatisierung entgegenzuwirken, die oft mit Themen rund um die Menstruation einhergeht. Es benötigt auch viel Aufklärung und Sensibilisierung. Die Menstruation ist ein normaler körperlicher Prozess, trotzdem wird sie oft zum Tabuthema gemacht“, sagt Kouneli. Der Faktor Geschlecht ist ein Aspekt, der das Gefühl von Scham während der Menstruation noch verstärken kann. „Wir wissen, dass nicht nur cis Frauen menstruieren, sondern auch inter, trans und nichtbinäre Menschen“, erklärt die Studentin.
Periodenarmut
„Periodenarmut ist ein Thema, das – wenn es überhaupt präsent ist – eher mit dem globalen Süden verbunden wird. An deutschen Universitäten davon zu sprechen, irritiert möglicherweise zunächst, da diese als gesellschaftlich privilegierte Orte gelten. Studien zeigen jedoch, dass auch viele deutsche Studierende an oder sogar unter der Armutsgrenze leben. Durch Corona hat sich deren Lage verschärft. Auch angesichts der aktuell steigenden Lebenshaltungskosten ist unser Pilotprojekt zumindest ein Signal“, sagt Friederike Bergstedt. Von Periodenarmut spricht man, wenn sich menstruierende Menschen die benötigten Hygieneprodukte finanziell nicht leisten können. Die Produkte sind oft kostenintensiv. Studierende, die beispielsweise unter der Armutsgrenze leben, deren finanzielle Lage sich durch die Pandemie oder die Energiekrise noch verschärft, erleben dadurch eine zusätzliche Belastung, die sie ihm Alltag einschränken kann. Fehlen Hygieneprodukte, kann es passieren, dass Betroffene die Produkte seltener wechseln, was unter Umständen zu Erkrankungen führen kann.
Enttabuisierung
„Das offene Sprechen über Themen rund ums Menstruieren trägt dazu bei, diesen körperlichen Prozess zu normalisieren und zu entstigmatisieren. Die RUB ist eine Bildungseinrichtung und Länder wie beispielsweise Schottland haben uns vorgemacht, dass der Zugang zu Periodenprodukten sowie Aufklärung zu dem Thema einen positiven Einfluss auf menstruierende Menschen hat“, sagt Maria Brinkmeyer. „Die Aufklärung zur Menstruation ist ebenso Ziel des Pilotprojektes. Dafür, dass etwa die Hälfte der Menschen über einen langen Zeitraum ihres Lebens regelmäßig davon betroffen ist, ist das Thema in der Öffentlichkeit wenig präsent und zudem mit Scham behaftet. Mit den Tamponspendern möchten wir dieser Tabuisierung der Monatsblutung entgegenwirken. Wenn Tampons genauso selbstverständlich verfügbar sind wie Toilettenpapier und Seife, nimmt dies dem Thema hoffentlich einen Teil der Scham“, ergänzt Friederike Bergstedt.
Zum Beginn ein Pilotprojekt
Die RUB startet mit einem Pilotprojekt, um Tampons kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Die Tamponspender, die Michael Schwarz entwickelt und gefertigt hat, werden an ausgewählten und zentralen Orten montiert. Schwarz studiert an der RUB Sales Engineering and Product Management. Aus der Idee zur Entwicklung der Tamponspender ist ein Start-up geworden. Nun kommen seine Tamponspender an der RUB zum Einsatz.
Zur Person
Zum Hintergrund
Mit beteiligt an der Planung und Umsetzung des Pilotprojektes waren auch Sawssan Hanafi, stellvertretende Dezernentin und Abteilungsleiterin, und Frank Markner, Projektmanager, aus dem Infrastrukturellen Gebäudemanagement (IGM) der RUB. Sie haben dem Arbeitskreis zwei Gebäude vorgeschlagen, die sowohl von Studierenden als auch von Auszubildenden stark frequentiert werden, um das Pilotprojekt dort zu starten. Das StudentServiceCenter (SSC) sowie das Hörsaalzentrum Ost (HZO) verfügen über geeignete, zentral gelegene WCs.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gebäudereinigung übernehmen die Befüllung der Tamponspender, die ab dem 29. September 2022 auf diesen WCs montiert sind. Außerdem dokumentieren sie den Verbrauch.
Die Tamponspender
Die Tamponspender sind batteriebetrieben und haben eine berührungslose Ausgabe und intelligente Entnahme-Verzögerung. Personen, die einen Tampon entnehmen möchten, halten nur die Hand unter den Sensor. Um vor Missbrauch zu schützen, erfolgt die Ausgabe des nächsten Tampons mit einer Verzögerung.
Hergestellt ist das Gehäuse des Tamponspenders im 3D-Druckverfahren und es besteht aus PLA-Filament. PLA wird aus regenerativen Rohstoffen wie Maisstärke hergestellt und gehört damit zu den sogenannten biokompatiblen Kunststoffen.