Ludger Jansen und sein Team haben den Ontologie-Wettbewerb gewonnen.
© RUB, Marquard

Philosophie Wie man Wissen über die Welt für Computer verständlich macht

Das Wissen über die Welt für Computer in einfache Worte zu fassen, ist die Spezialität von Philosophen um Ludger Jansen. Nun ist es ihnen mit einem preiswürdigen Trick gelungen, die zeitliche Dimension zu beschreiben.

Um die vielen in der Forschung anfallenden Daten und altes und neues Wissen miteinander verbinden zu können, brauchen Wissenschaftler eine einheitliche digitale Repräsentation dieses Wissens. Ontologien machen dieses Wissen für Computer verständlich. Eine wichtige Lücke im System der gängigen Ontologiesprache Web Ontology Language (OWL) konnte ein internationales Team um Privatdozent Dr. Ludger Jansen von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) jetzt schließen.

Es gelang den Philosophen, trotz der eingeschränkten Grammatik dieser formalen Sprache auch die zeitliche Dimension von Beziehungen auszudrücken. Damit gewannen sie den Ontologie-Wettbewerb der Internationalen Gesellschaft für Ontologie und ihre Anwendungen.

Computer brauchen einfache Sprachen

In der Forschung fallen Gigabyte-weise Daten an, die in Form von Ontologien digital abgebildet und in Beziehung zueinander gesetzt werden müssen. Damit das darin enthaltene Wissen handhabbar bleibt und automatische Schlussfolgerungen nicht zu viel Rechenkapazität benötigen, sind Aussagen in Ontologien sehr einfach gehalten.

„In unserer Ontologiesprache haben wir nur zweistellige Relationen zur Verfügung“, erklärt Ludger Jansen. „Wir können zum Beispiel ausdrücken, dass A ein Teil von B ist.“ Eine zeitliche Dimension ließ sich bisher nicht ohne weiteres ausdrücken, weil dafür normalerweise eine dritte Stelle nötig wäre – etwa, dass A zwar heute Teil von B ist, sich dieses Verhältnis aber möglicherweise einmal ändert. Ein Molekül, das heute Bestandteil des Körpers ist, kann zum Beispiel morgen wieder ausgeschieden werden.

Zeitliche Dimension ausdrücken

Mit einem Trick ist es Ludger Jansen als Mitglied eines internationalen Teams, zu dem neben ihm Prof. Dr. Barry Smith von der Universität Buffalo in den USA und Niels Grewe von der Universität Rostock gehörten, gelungen, diese zeitliche Dimension in OWL zu verankern.

„Wir können jetzt sagen: ‚A im Jahr 2015 ist Teil von B im Jahr 2015‘“, erläutert er. „Das erlaubt Computern zum Beispiel, die Aussage „Menschen haben Körperzellen“ so zu verarbeiten, dass sie nicht davon ausgehen, dass die Körperzellen über die gesamte Lebenszeit dieselben bleiben. Damit haben wir eine bedeutende Lücke im System geschlossen.“

Grundlegende Ontologie weiterentwickeln

Die Arbeit wird helfen, die „Basic Formal Ontology“ weiterzuentwickeln. Diese Ontologie wird weltweit von über 200 Entwicklergruppen in ihren Projekten zugrunde gelegt, unter anderem von den Vereinten Nationen und dem Auslandsgeheimdienst der USA, der Central Intelligence Agency (CIA).

Präsentation bei internationalem Kongress

Ludger Jansen vertritt derzeit den Lehrstuhl für Philosophisch-Theologische Grenzfragen an der Katholisch-Theologischen Fakultät der RUB. Sein Team setzte sich gegen acht Mitbewerber durch; die drei Finalisten durften ihren Beitrag auf dem internationalen Kongress für Formale Ontologien in Informationssystemen in Annecy in Frankreich vorstellen.

Originalkonferenzbeitrag

Niels Grewe, Ludger Jansen, Barry Smith: Permanent Generic Relatedness and Silent Change, FOIS 2016 Ontology Competition, https://www.researchgate.net/publication/305175061

Pressekontakt

Privatdozent Dr. Ludger Jansen
Professurvertreter Lehrstuhl für Philosophisch-Theologische Grenzfragen
Katholisch-Theologische Fakultät
Ruhr-Universität Bochum
Tel. 0234 32 29388
E-Mail: ludger.jansen@rub.de

Unveröffentlicht

Von

Meike Drießen

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