
Starting Grants Neue Katalysatoren und mehr Sicherheit fürs Internet der Dinge
Zwei RUB-Wissenschaftler erhalten eine Millionenförderung vom Europäischen Forschungsrat. Diese Fragen wollen sie damit erforschen.
Zwei Forscher der Ruhr-Universität Bochum freuen sich über hoch dotierte Starting Grants des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC).
In seinem mit 1,5 Millionen Euro dotierten ERC Starting Grant will Prof. Dr. Stefan M. Huber, Fakultät für Chemie und Biochemie, erstmals sogenannte Halogenbrücken zwischen Katalysator und Substrat zur Herstellung pharmazeutisch wirksamer Moleküle einsetzen. Prof. Dr. Thorsten Holz von der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik erhält ebenfalls 1,5 Millionen Euro, um neue Sicherheitsmechanismen für das Internet der Dinge zu entwickeln.
Spiegelbild eines Moleküls hat andere Wirkung
Katalysatoren reduzieren die häufig hohe notwendige Aktivierungsenergie für chemische Reaktionen und erlauben so deren Durchführung unter wesentlich milderen Bedingungen. Zudem können spezielle Katalysatoren auch die Produktverteilung einer chemischen Reaktion beeinflussen. Dies ist insbesondere bei chiralen Molekülen wichtig: solchen Verbindungen, die weitgehend identisch sind, sich aber wie Bild und Spiegelbild verhalten.
„Chirale Verbindungen spielen in der pharmazeutischen Industrie eine große Rolle: Oft ist eine chirale Verbindung als Medikament aktiv, während das spiegelbildliche Molekül keine Aktivität zeigt oder sogar gravierende Nebenwirkungen verursachen kann, siehe Contergan“, erklärt Stefan Huber. Ein wichtiges Ziel der organischen Chemie ist daher die Entwicklung von Katalysatoren, die in einem chemischen Prozess jeweils nur eines der beiden spiegelbildlichen Moleküle erzeugen.
Halogenbrücken für die Katalyse nutzen
Die meisten bisherigen Katalysatoren beruhen auf der Ausbildung einer vollständigen chemischen Bindung zwischen Substrat und Katalysator. Meist kamen Metallkomplexe zum Einsatz, die aber verschiedene Nachteile haben, etwa giftig oder teuer sind. Erst in den letzten Jahren wurden auch schwache (nichtkovalente) Wechselwirkungen in der Katalyse eingesetzt, bisher aber praktisch ausschließlich Wasserstoffbrücken.
Im aktuellen Projekt wollen die Forscher eine bislang kaum genutzte weitere schwache Wechselwirkung erstmals zur katalytischen Herstellung chiraler Moleküle einsetzen: Die sogenannten Halogenbrücken entstehen zwischen positiv polarisierten Halogenatomen (insbesondere von Brom und Iod) und geeigneten Substraten. Eine wichtige Basis des Projekts ist die Synthese vielversprechender Katalysatorkandidaten, die sie anschließend in Testreaktionen auf ihre Aktivität hin untersuchen wollen.
Außerdem wollen sie solche halogenbrücken-ausbildenden Moleküle nutzen, um Gemische zweier spiegelbildlicher Verbindungen in die beiden Reinformen aufzuspalten. Schließlich wollen sie dieses Katalyseprinzip auch auf weitere, bislang ebenfalls wenig untersuchte schwache Wechselwirkungen ausdehnen. „Wir erhoffen uns von diesen Katalysatoren, bisher nicht zugängliche chirale Moleküle herstellen und langfristig auf ihre pharmazeutische Wirksamkeit testen zu können“, so Stefan Huber.
Neue Sicherheitsmechanismen für das Internet der Dinge
Das Team um Prof. Dr. Thorsten Holz plant, die Sicherheit im Internet der Dinge zu verbessern. Immer mehr Geräte sind mit dem Internet verbunden und können auf diesem Weg potenziell manipuliert oder missbraucht werden.
Im Projekt “Leveraging binary analysis to secure the Internet of things – Bastion” entwickeln die Forscher am Lehrstuhl für Systemsicherheit neue Analysetools für die Software dieser Geräte, um proaktiv potenzielle Schwachstellen zu finden. Außerdem konzipieren sie neue Sicherheitsmechanismen, die solche Geräte vor Angriffen schützen sollen.
Tools sollen auf möglichst vielen verschiedenen Geräten laufen
Eine besondere Herausforderung ist es, die neuen Methoden auf möglichst vielen verschiedenen Geräten zum Laufen zu bringen. Aufgrund der unterschiedlichen Hardwarearchitektur der Hersteller gibt es bislang keine Analysemechanismen, die für eine breite Palette von Geräten funktionieren. Thorsten Holz’ Team übersetzt daher die verschiedenen Softwarekomponenten zunächst in eine Vermittlersprache. Dazu überführen die Forscher die Maschinensprache verschiedener Hardwarearchitekturen in eine gemeinsame Zwischensprache, und die eigentlichen Analysen werden dann auf dieser Ebene umgesetzt.
Die Übersetzung basiert auf den sogenannten Assembler-Instruktionen der Geräte. Das sind kurze Befehle in der Sprache des Prozessors wie „Lade vier Byte aus dem Speicher und schreibe sie in einen bestimmten Zwischenspeicher“. Die neuen Analyse- und Sicherheitsmechanismen können basierend auf dieser Vermittlersprache plattformübergreifend genutzt werden.