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Mit den richtigen Strategien Studienabbruch vermeiden
Rund 40 Prozent der Studierenden brechen in den Ingenieurswissenschaften ihr Studium innerhalb der ersten Semester ab. Besonders die Prüfungen in den ersten beiden Semestern empfinden viele Studierende als Belastung. Prof. Dr. Joachim Wirth und seine Mitarbeiterin Dr. Julia Waldeyer vom Lehrstuhl für Lehr-Lernforschung wollen herausfinden, welche Faktoren genau den Studienerfolg in den Ingenieurwissenschaften beeinflussen. Ihren Fokus legen die Psychologen auf die Frage, welche Rolle dabei die Strategien des sogenannten Ressourcenmanagements spielen. Ihre Untersuchungen zeigen: Wer Strategien beherrscht, mit denen man die Voraussetzungen für gutes Lernen schafft, der hat bessere Chancen, im Studium zu bestehen. Über die Arbeit der Psychologen berichtet Rubin, das Wissenschaftsmagazin der RUB.
Strategien lassen sich erlernen und trainieren
Zu den ressourcenbezogenen Strategien zählen die Gestaltung der Lernumgebung, das Zeitmanagement, die Motivation zu lernen, die Möglichkeit, sich bei Problemen Hilfe zu suchen, und die Bereitschaft, Anstrengungen, die sich beim Lernen ergeben, auszuhalten. „Besonders spannend finden wir solche Strategien, weil sie erlernbar und trainierbar sind“, sagt Joachim Wirth. Das unterscheidet sie von stabilen Personenmerkmalen wie zum Beispiel der Intelligenz. „An der kann man kurzfristig nicht viel ändern“, so Wirth weiter. „Lernstrategien jedoch sind eine Stellschraube, an der man auch in relativ kurzer Zeit drehen kann. Wenn wir mehr über ihre Bedeutung für den Studienerfolg wüssten, könnten wir zukünftig vielen Studierenden gerade zu Beginn des Studiums das Leben leichter machen.“
Ein neu entwickeltes Testverfahren
Um herauszufinden, inwiefern Lernprobleme zu Beginn des Studiums darauf zurückzuführen sind, dass die Betroffenen Defizite beim Einsatz der Ressourcenmanagement-Strategien haben, konzipierte Julia Waldeyer ein neues psychologisches Testinstrument namens „Ressourcen Management Inventar“ (Remi). Erstsemester-Studierende aus den Bauingenieurwissenschaften und der Erziehungswissenschaft nahmen an dieser Pilotstudie teil. „Wir haben die Geisteswissenschaftler als Vergleichsgruppe herangezogen, weil die Abbruchquote hier mit unter 20 Prozent viel niedriger ist. Es hat uns interessiert, ob die Studierenden dieses Fachs vielleicht deutlich besser beim Einsatz der Ressourcenmanagement-Strategien sind“, erklärt Waldeyer ihr Vorgehen. Eine Besonderheit ihrer Studie ist zudem, dass die Forscherin sich hinsichtlich des Studienerfolgs der Testpersonen nicht auf reine Selbstauskunft verlassen hat, sondern mit Einverständnis der Studierenden Einsicht in die Daten der Prüfungsämter erhalten hat.
Klausurleistungen lassen sich vorhersagen
Es zeigte sich, dass die Probanden, die besser im Umgang mit den Ressourcenmanagement-Strategien waren, auch bessere Studienleistungen hervorbrachten. Dies galt auch dann noch, als die Wissenschaftler andere Einflüsse, die zu guten Noten führen können, in ihren Berechnungen berücksichtigten. „Wir haben zum Beispiel die Abiturnote mit hineingenommen, die ein starker Prädiktor für Studienleistungen ist. Stabile Personenmerkmale wie kognitive Fähigkeiten haben wir natürlich auch bedacht“, so Joachim Wirth. „Trotzdem konnten wir errechnen, dass der Einsatz ressourcenbezogener Strategien einen wesentlichen Effekt auf die Leistungen hatte. Wir können also die Klausurleistung einzelner Studierender vorhersagen und erklären, wenn wir wissen, wie gut oder schlecht sie die Strategien des Ressourcenmanagements einsetzen.“ Im Umkehrschluss bedeutet das auch: Wenn Studierende oder Schüler im Umgang mit den Strategien geschult werden, könnten sie wahrscheinlich bessere Studienleistungen erzielen.
Eine Frage des Geschlechts?
Ein weiteres auffälliges Ergebnis der Studie ist, dass die Studierenden des Bauingenieurwesens insgesamt signifikant schlechter im Remi abschnitten als Studierende der Erziehungswissenschaft. Woran das liegt, kann Julia Waldeyer nur vermuten: „Ich könnte mir vorstellen, dass die Frauen und Männer, die Erziehungswissenschaft studieren, in der Schule schon solche Fächer schwerpunktmäßig gewählt hatten, in denen sie entsprechende Kompetenzen erwerben konnten. Es kann aber auch ein Geschlechterunterschied sein. Erziehungswissenschaft ist ein Frauen-dominiertes Fach, wohingegen bei den Bauingenieuren die Männer klar überwiegen. Das ist auf jeden Fall eine Fragestellung für unsere weiteren Untersuchungen.“
Ausführlicher Beitrag im Wissenschaftsmagazin Rubin
Einen ausführlichen Beitrag zu dem Thema finden Sie im Wissenschaftsmagazin Rubin. Texte auf der Webseite und Bilder aus dem Downloadbereich dürfen unter Angabe des Copyrights für redaktionelle Zwecke honorarfrei verwendet werden.
Prof. Dr. Joachim Wirth
Lehrstuhl für Lehr-Lernforschung
Institut für Erziehungswissenschaft
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 22728
E-Mail: lehrlernforschung@rub.de
4. April 2019
09.00 Uhr