Eickhoff-Preis Berührungslos in der Schwebe
Wie man Stoffeigenschaften bei halbiertem Aufwand zuverlässig bestimmt.
Für verschiedenste industrielle Prozesse braucht man das Wissen um physikalische Stoffeigenschaften wie Dichte, Grenzflächenspannung und Viskosität. Während es unter Normaldruck einfach ist, diese Eigenschaften zu messen, bedeutet das für Systeme unter Hochdruck einen immensen Aufwand. Um solche Messungen zu beschleunigen, setzte Dr. Judith Kremer auf die sogenannte akustische Levitation. Für ihre Doktorarbeit wurde die Maschinenbauingenieurin der Ruhr-Universität Bochum (RUB) am 28. Juni 2019 mit dem Gebrüder-Eickhoff-Preis 2019 ausgezeichnet.
Schallwellen halten die Probe
Bei der akustischen Levitation werden kleine feste oder flüssige Proben durch Schall berührungslos in der Schwebe gehalten. Durch Ultraschallwellen, die ausgesandt und reflektiert werden, entsteht ein stehendes Schallfeld, in dem durch die Druckverteilung um eine Probe deren Gewichtskraft kompensiert werden kann.
Um nun die Dichte zu messen, vergleicht man die benötigte Kraft, die eine Probe unbekannter Dichte in Schwebe hält, mit der Kraft, die für eine Referenzprobe mit bekannter Dichte aufgewendet werden muss. Zur Messung der Grenzflächenspannung und der Viskosität regt man den schwebenden Tropfen zu Schwingungen an. Die Schwingungen nehmen mit der Zeit ab, was eine Hochgeschwindigkeitskamera aufzeichnet. Die Einzelbilder des Videos konnte Judith Kremer mit einem selbstentwickelten Bildanalyse-Code analysieren, der zu jedem Zeitpunkt die Form des Tropfens speichert. „Die zum Erreichen der Ausgangsposition benötigte Zeit wird durch die Viskosität der Flüssigkeit bestimmt“, erläutert sie. Die Frequenz hingegen wird maßgeblich von der Grenzflächenspannung beeinflusst.
Stoffdaten in einem Schritt bestimmen
„Somit können wir beide Stoffdaten in nur einem Schritt und mit einem Messgerät bestimmen“, betont die Forscherin. „Das bringt zuverlässige und schnelle Ergebnisse – der Zeitaufwand im Vergleich zu anderen Methoden wird mindestens halbiert.“ In Zukunft könnte der akustische Levitator als Universalmessgerät verwendet und mit verschiedenen weiteren Modulen wie Kameras oder Spektrometern kombiniert werden. Das würde die Messung unterschiedlicher Stoffgrößen an einer einzigen winzigen Probe erlauben, für die normalerweise verschiedene Laborgeräte und mehrere hundert Milliliter an Probensubstanz benötigt werden.