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Parkinson und das Immunsystem
Mutationen im Parkin-Gen sind eine häufige Ursache für erbliche Formen der Parkinson-Erkrankung. Das benachbarte Parkin-co-regulierte Gen PACRG reguliert ähnlich wie Parkin einen Signalweg, der eine wichtige Rolle beim angeborenen Immunsystem spielt. Das hat ein Forschungsteam um Prof. Dr. Konstanze Winklhofer vom Lehrstuhl Molekulare Zellbiologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) herausgefunden. Das Team konnte somit einen weiteren Beleg dafür erbringen, dass es Schnittstellen zwischen dem Nervensystem und Immunsystem gibt. Die Forscherinnen und Forscher hoffen, dass die Protagonisten oder Antagonisten dieses Signalweges sich möglicherweise für therapeutische Interventionen eignen. Sie berichten in der Coverstory der Zeitschrift Science Signalling vom 4. Februar 2020.
Gene schützen Nervenzellen vor dem Zelltod
Das Parkin-Gen schützt Nervenzellen vor Funktionsverlust und Zelltod. Es sorgt insbesondere dafür, dass die Mitochondrien, die für die Energieerzeugung in den Zellen verantwortlich sind, unversehrt bleiben und beschädigte Mitochondrien beseitigt werden. In Nachbarschaft zum Parkin-Gen findet sich im Erbgut das Parkin-co-regulierte Gen (PACRG). Beide Gene teilen sich einen sogenannten Promotor, der die Expression der Gene reguliert. Somit werden Parkin und PACRG nach einem ähnlichen Muster abgelesen und in Proteine umgesetzt.
„Über PACRG war bislang wenig bekannt, daher haben wir untersucht, welche Funktionen dieses Gen hat“, sagt Konstanze Winklhofer. Es zeigte sich, dass PACRG im Unterschied zu Parkin keinen Einfluss auf die Eliminierung geschädigter Mitochondrien hat, aber ähnlich wie Parkin Nervenzellen vor dem Zelltod schützen kann.
Parkin und PACRG regulieren einen Signalweg des angeborenen Immunsystems
Weitergehende Untersuchungen zum Wirkungsmechanismus zeigten, dass PACRG einen Signalweg reguliert, der durch den Tumornekrosefaktor (TNF) stimuliert wird. Als Folge davon kommt es zur Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-κB, der für die vermehrte Bildung von Proteinen sorgt, die Zelltod verhindern. Sowohl Parkin als auch PACRG wirken auf einen essenziellen Proteinkomplex dieses Signalweges, genannt Lubac (linear ubiquitin chain assembly complex). Lubac ermöglicht eine effiziente Signalweiterleitung durch Modifizierung von Komponenten des NF-κB-Signalweges mit linearen Ubiquitin-Ketten.
Der TNF-NF-κB-Signalweg reguliert nicht nur den Zelltod, sondern spielt auch eine bedeutende Rolle im angeborenen Immunsystem. Er verhindert die Ausbreitung von bestimmten Bakterien, die in Wirtszellen eindringen können, zum Beispiel von Salmonellen, die Lebensmittelinfektionen auslösen können, oder von Mykobakterien, den Erregern von Tuberkulose und Lepra. „Interessanterweise sind Sequenzvarianten im Parkin- und PACRG-Gen beschrieben, die zu einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber diesen bakteriellen Infektionen führen und mit schweren Verläufen einer Salmonellen- oder Mykobakterien-Infektion einhergehen“, erklärt Konstanze Winklhofer. Die aktuellen Erkenntnisse liefern dafür eine plausible Erklärung und bestätigen, dass es Schnittstellen zwischen dem Nervensystem und Immunsystem gibt. Deren Protagonisten oder Antagonisten könnten sich für therapeutische Interventionen eignen.
Die Arbeiten wurden gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (WI-2111/4, WI-2111/6, MA-3257/5, TA-167/6, SFB 1177, Projekt C2), die Michael J. Fox Foundation (Parkin Biology 2013 Grant and Grant ID 16293), das Munich Cluster for Systems Neurology, das Loewe-Programm Ub-Net, das Nordrhein-Westfälische Projekt Protein Unit for Research in Europe (Pure) sowie durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder – EXC 2033 – Projektnummer 390677874 – Resolv.
Jens Meschede et al.: The Parkin-coregulated gene PACRG promotes TNF signaling by stabilizing the linear ubiquitin chain assembly complex, in: Science Signaling 2020, DOI: 10.1126/scisignal.aav1256
Prof. Dr. Konstanze Winklhofer
Lehrstuhl Molekulare Zellbiologie
Institut für Biochemie und Pathobiochemie
Medizinische Fakultät
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 28428
E-Mail: konstanze.winklhofer@rub.de
5. Februar 2020
08.53 Uhr