Kristina Tschulik (links) und Hatem Amin befassen sich mit der Untersuchung von Nanopartikel als Katalysatoren für grünen Wasserstoff. © RUB, Marquard

Energie Würfel stechen Kugeln als Katalysatorpartikel aus

Die Form von Nanopartikeln entscheidet maßgeblich über ihre Effizienz als Katalysatoren für die Herstellung von grünem Wasserstoff.

Bisher war es mit Nanopartikeln als Katalysatoren für grünen Wasserstoff wie mit Ruderern in einem Achter: Man konnte nur die durchschnittliche Leistung messen, nicht aber herausfinden, wer der Beste ist. Eine neue Methode, die die Gruppe um Prof. Dr. Kristina Tschulik, Leiterin des Lehrstuhls für Elektrochemie und nanoskalige Materialien an der Ruhr-Universität Bochum, entwickelt hat, ändert das. Sie konnte in Kooperation mit Forscherinnen der Universität Duisburg-Essen belegen, dass würfelförmige Nanopartikel effizienter funktionieren als kugelförmige. Das ebnet den Weg zum gezielten Design günstiger und effizienter Katalysatoren für grünen Wasserstoff. Die Forschenden berichten in der Zeitschrift Advanced Functional Materials vom 3. Januar 2023.

Elektrolyse konkurrenzfähig machen

Die Welt muss den CO2-Ausstoß senken, um dem Klimawandel zu begegnen. Dazu soll der heute häufig genutzte sogenannte graue Wasserstoff, der aus Erdöl und Erdgas gewonnen wird, durch grünen Wasserstoff ersetzt werden, der aus erneuerbaren Quellen stammt. Grüner Wasserstoff kann durch Elektrolyse gewonnen werden, wobei Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Allerdings müssen noch einige Herausforderungen gemeistert werden, um die Elektrolyse konkurrenzfähig zu machen. Aktuell ist die Effizienz des Wasserspaltungsprozesses begrenzt, und es fehlen leistungsfähige, langlebige und kostengünstige Katalysatoren dafür. „Die derzeit aktivsten Elektrokatalysatoren basieren auf den seltenen und teuren Edelmetallen Iridium, Ruthenium oder Platin“, so Kristina Tschulik. „In der Wissenschaft haben wir daher die Aufgabe, neue hochaktive, edelmetallfreie Elektrokatalysatoren zu entwickeln.“

Die Arbeiten haben gezeigt, dass würfelförmige Nanopartikel (rechts) effizientere Katalysatoren für die Elektrolyse sind als kugelförmige. © Kristina Tschulik

Ihre Gruppe untersucht Katalysatoren in Form von unedlen Metalloxid-Nanopartikeln – eine Million Mal kleiner als ein menschliches Haar. Industriell hergestellt variieren sie in Form, Größe und chemischer Zusammensetzung. „In Messungen werden sogenannte Katalysatortinten untersucht, in denen Milliarden von Partikeln mit Bindern und Additiven vermischt sind“, erklärt Kristina Tschulik. So kann man nur eine durchschnittliche Leistung messen, nicht aber die Aktivität einzelner Partikel – und auf die kommt es an. „Wenn man wüsste, welche Partikelform beziehungsweise Kristallfacette – das sind die Flächen, die nach außen zeigen – besonders aktiv ist, könnte man gezielt Partikel mit genau dieser Form herstellen“, sagt Dr. Hatem Amin, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der analytischen Chemie an der Ruhr-Universität Bochum.

Sieger des Rennens unter den Nanopartikeln

Die Arbeitsgruppe hat eine Methode entwickelt, mit der einzelne Partikel direkt in Lösung analysiert werden können. Dadurch kann man die Aktivität von verschiedenen Nanomaterialien miteinander vergleichen und somit den Einfluss von Partikeleigenschaften wie deren Form und Zusammensetzung auf die Wasserspaltung aufklären. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Kobaltoxid-Partikel in Form einzelner Würfel aktiver sind als Kugeln, die stets mehrere Facetten aufweisen.

Die Arbeit ist Coverstory der Zeitschrift "Advanced Functional Materials". © AG Nano EC

Theorie bestätigt das Experiment

Diese experimentelle Erkenntnis der Bochumer Gruppe konnte im Rahmen des Sonderforschungbereichs/Transregios 247 von den Kooperationspartnern um Prof. Dr. Rossitza Pentcheva von der Universität Duisburg-Essen bestätigt werden. Deren theoretische Untersuchungen weisen auf den Wechsel der aktiven Katalysatorbereiche hin: von Kobaltatomen, die oktaedrisch von Sauerstoffatomen umgeben sind, hin zu tetraedrisch umgebenen Kobaltatomen. „Die Erkenntnisse über die Beziehung zwischen Partikelform und Aktivität legen die Basis für das wissensbasierte Design geeigneter Katalysatormaterialien und damit für die Transformation unserer fossilen Energie- und Chemieindustrie hin zu einer Kreislaufwirtschaft auf Basis erneuerbarer Energieträger und hochaktiver, langlebiger Katalysatoren“, so Kristina Tschulik.

Förderung

Die Arbeiten wurden gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Sonderforschungsbereich Transregio 247, Förderkennzeichen 388390466, Exzellenzcluster EXC-2033 – 390677874-RESOLV), der Europäische Union (ERC-Projekt MITICAT – GA 949724 und Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahme 801459-FP-RESOMUS sowie 812398-Projekt SENTINEL), dem China Scholarship Council und der Max-Planck-Gesellschaft.

Originalveröffentlichung

Zhibin Liu, Hatem M. A. Amin, Yuman Peng, Manuel Corva, Rossitza Pentcheva, Kristina Tschulik: Facet-Dependent Intrinsic Activity of Single Co3O4 Nanoparticles for Oxygen Evolution Reaction, in: Advanced Functional Materials, 2022, DOI: 10.1002/adfm.202370006

Pressekontakt

Prof. Dr. Kristina Tschulik
Lehrstuhl für Analytische Chemie II
Fakultät für Chemie und Biochemie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 29433
E-Mail: nanoec@rub.de

Die Universitätsallianz Ruhr

Seit 2007 arbeiten die drei Ruhrgebietsuniversitäten unter dem Dach der Universitätsallianz Ruhr (UA Ruhr) strategisch eng zusammen. Durch Bündelung der Kräfte werden die Leistungen der Partneruniversitäten systematisch ausgebaut. Unter dem Motto „gemeinsam besser“ gibt es inzwischen über 100 Kooperationen in Forschung, Lehre und Verwaltung. Mit mehr als 120.000 Studierenden und nahezu 1.300 Professorinnen und Professoren gehört die UA Ruhr zu den größten und leistungsstärksten Wissenschaftsstandorten Deutschlands.

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Veröffentlicht

Dienstag
10. Januar 2023
09:20 Uhr

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