Ernst-Zander-Preis 2023 Effizienteres Ringwalzen und der Ton des EZB-Präsidenten
Simon Fahle und Doron Reichmann können sich in diesem Jahr über eine Auszeichnung mit dem Preis freuen.
Für ihre herausragenden Doktorarbeiten wurden Dr. Simon Fahle und Dr. Doron Reichmann am 17. Mai 2023 mit dem Ernst-Zander-Preis 2023 ausgezeichnet. Simon Fahle, der an der Fakultät für Maschinenbau von Prof. Dr. Bernd Kuhlenkötter betreut wurde, entwickelte einen maschinellen Lernansatz für effizienteres Radial-Axial-Ringwalzen. Dr. Doron Reichmann, an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft betreut von Prof. Dr. Stephan Paul, untersuchte, wie sich qualitative Berichterstattung auf die Finanzmärkte auswirkte.
Für effizienteres Ringwalzen
Das Radial-Axial-Ringwalzen ist ein bedeutender Herstellungsprozess für nahtlos geformte ringförmige Bauteile wie etwa Wälzlagerringe. Ziel der Doktorarbeit von Simon Fahle war es, diesen Prozess effizienter zu machen, um Material und Energie zu sparen und so den CO2-Ausstoß zu senken. Dabei setzte er auf Künstliche Intelligenz, genauer auf die Methoden des Maschinellen Lernens. Er hat ein Zeitreihenklassifikationsmodell entwickelt, das die Qualität vorhersagen und Unrundheiten schon während des Walzprozesses frühzeitig ermitteln kann. Solche unerwünschten Entwicklungen lassen sich dadurch während des Herstellungsprozesses korrigieren.
Die in der Arbeit verwendeten Modelle des Maschinellen Lernens wurden anhand von Testdaten validiert und abschließend prototypisch an der lehrstuhleigenen Ringwalzanlage installiert. Über 1.200 Lerndatensätze lieferte eine Produktionslinie bei der thyssenkrupp rothe erde Germany GmbH. Da die Datenaufnahme sehr aufwändig ist, untersuchte Simon Fahle auch einen halbüberwachten Lernansatz und die synthetische Datengenerierung durch generative Netze.
„Methoden des maschinellen Lernens bieten verschiedene Möglichkeiten, den Produktionsprozess effizienter zu gestalten“, resümiert der Forscher. „Zum einen lassen sich teure und wartungsintensive zusätzliche Peripheriegeräte wie etwa ein automatisches Messsystem ersetzen. Zum anderen kann man den Produktionsprozess analysieren und damit rechtzeitig in den laufenden Prozess eingreifen. So reduzieren sich der Ausschuss und die Nacharbeit.“ Das sorgt auch für eine Verringerung der CO2-Emissionen, insbesondere bei einem Warmumformverfahren wie dem Radial-Axial-Ringwalzen, da weniger Rohmaterial erzeugt und in den Hochöfen erhitzt werden muss.
Was der Ton des EZB-Präsidenten bewirkt
Die Dissertation „Qualitative Disclosures and Capital Market Consequences – A Textual Analysis Approach“ von Doron Reichmann untersucht den Zusammenhang zwischen qualitativer Berichterstattung und Finanzmarktreaktionen. Die Tätigkeit von Investoren ist in erster Linie durch die Suche nach Informationen gekennzeichnet. Qualitative Daten finden sich beispielsweise in Zeitungsartikeln, Fernsehnachrichten oder sozialen Medien, aber auch in Finanzberichten. „Jahrzehntelang hat sich die Accounting- und Finance-Literatur hauptsächlich auf die Untersuchung quantitativer Finanzdaten konzentriert“, so Doron Reichmann. „Erst in jüngster Zeit eröffneten Fortschritte in der Computerlinguistik die Möglichkeit, die Rolle von Textinformationen in Kapitalmärkten empirisch zu untersuchen.“ In seiner Arbeit untersucht er die Rolle der qualitativen Berichterstattung auf den Kapitalmärkten mithilfe eines Textanalyseansatzes.
Die Arbeit besteht aus vier Teilen: Die ersten drei Beträge fokussieren hierbei Textpassagen aus Geschäftsberichten und analysieren deren Einfluss auf firmenspezifische Aktiencrashs. Im vierten Beitrag analysiert Doron Reichmann den Einfluss der Sprache des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) auf Marktbewegungen im Euroraum. „Die Ergebnisse zeigen, dass verschiedene Ton-Dimensionen in der Sprache von EZB-Präsidenten zu signifikanten Marktbewegungen führen“, fasst der Forscher zusammen. Marktteilnehmer reagieren in Krisenzeiten sensibler auf den allgemeinen Ton der EZB-Präsidenten. Während der Niedrigzinsphase zeigen die Ergebnisse positive Marktreaktionen, wenn EZB-Präsidenten ihr Engagement gegenüber ihrem Mandat kommunizieren. Die empirischen Ergebnisse unterstützen die Ansicht, dass Zentralbankkommunikation und insbesondere die Kommunikation von Engagement in Zeiten der Niedrigzinsphase an Bedeutung gewinnt.