Projektstart Neue Wege für die mathematische Beschreibung geometrischer Objekte
In einem drittmittelgeförderten Projekt arbeiten Forschende aus Deutschland und Frankreich eng zusammen. Ihr Forschungsobjekt sind schwer visualisierbare geometrische Objekte, die sie dennoch beschreiben können wollen.
Ein Forschungsprojekt in der Mathematik sucht nach neuen Wegen, um höherdimensionale geometrische Objekte besser beschreiben zu können. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und ihr französisches Pendant, die Agence Nationale de la Recherche, fördern das Vorhaben „POK0: Positivity on K-trivial varieties“ mit rund 750.000 Euro für drei Jahre. Prof. Dr. Christian Lehn von der Ruhr-Universität Bochum koordiniert das Projekt auf deutscher Seite; Prof. Dr. Gianluca Pacienza vom Institut Elie Cartan de Lorraine in Nancy auf französischer Seite. Start ist am 1. April 2024. In Deutschland sind Kolleginnen und Kollegen aus Tübingen, Frankfurt und Saarbrücken beteiligt.
Zwei Ansätze zur Beschreibung von Objekten
Geometrische Objekte lassen sich auf zwei Weisen beschreiben, extrinsisch und intrinsisch. „Beim extrinsischen Ansatz beschreiben wir das Objekt in Bezug zu einem umgebenden geometrischen Raum“, erklärt Projektmitarbeiterin Dr. Calla Tschanz. „Beim intrinsischen Ansatz hingegen beschreiben wir nur das Objekt selbst, unabhängig von allem, was außen herum existiert.“ Während der extrinsische Ansatz letztendlich bedeutet, ein Objekt durch mathematische Gleichungen auszudrücken, werden beim intrinsischen Ansatz Aussagen zu bestimmten Eigenschaften der Objekte getätigt, etwa zu ihrer Symmetrie.
Negativ und positiv gekrümmte Räume
Eine nützliche Eigenschaft für den intrinsischen Ansatz ist die Positivität. Dieses abstrakte Konzept kann sich auf viele Weisen in der Praxis zeigen. Zum Beispiel, wenn man ein Dreieck im zweidimensionalen Raum mit einem Dreieck vergleicht, das auf einer gekrümmten Oberfläche liegt, etwa auf einer Kugel. „Eine Kugeloberfläche ist ein positiv gekrümmter Raum“, verdeutlicht Christian Lehn. „Es gibt aber auch negativ gekrümmte Räume, auf denen Dreiecke im Gegensatz zur Kugeloberfläche nach innen eingedrückt sind.“
Die Positivität – in diesem Beispiel also die Krümmung des Raums – hat einen Einfluss auf die geometrischen Eigenschaften des Dreiecks. Betrachtet man dieses zweidimensional, also im flachen Raum, ist die Summe der Innenwinkel des Dreieckes immer 180 Grad. Liegt das Dreieck hingegen auf einer positiv gekrümmten Oberfläche, etwa auf einer Kugel, ist die Summe der Innenwinkel immer größer als 180 Grad. Auf negativ gekrümmten Oberflächen ist sie stets kleiner als 180 Grad. Positivität kann nicht nur die Summe von Winkeln beeinflussen, sondern auch andere geometrische Maße. Dieser Einfluss der Positivität hilft Mathematikerinnen und Mathematikern dabei, Objekte zu charakterisieren.
Bessere Beschreibungen dank Positivität
Allerdings hilft Positivität nicht nur bei der intrinsischen Beschreibung, sondern kann auch ein Mittel sein, um eine extrinsische Beschreibung aufzustellen. „Oft startet man mit einer intrinsischen Beschreibung, aber möchte eigentlich eine Gleichung haben“, erklärt Christian Lehn. „Die Charakterisierung eines Objekts mittels Positivität kann helfen, um dorthin zu gelangen.“ Wie genau, wollen die Forschenden im POK0-Projekt ergründen. Außerdem wollen sie unter anderem zeigen, wie sich mittels Positivität Redundanzen in Gleichungen reduzieren lassen. „Insgesamt hilft sie uns, um geometrische Objekte in einem größeren Raum besser zu verstehen“, resümiert Calla Tschanz.