Auslandsstudium Trotz Corona nach Japan
Ein RUB-Student startet in Osaka in sein Auslandssemester. Er berichtet von den Hürden und Vorschriften während der Pandemie.
Ein neues Land kennenlernen, die Sprache verbessern und neue Eindrücke sammeln – das ist oft die Motivation für ein Semester im Ausland. Doch in Zeiten von Corona ist das nicht so einfach möglich. Jens Hömann hat sich von seinem Wunsch, in Japan zu studieren, trotz der Pandemie nicht abbringen lassen. Dafür hat er nächtliche Seminare, Tests an Flughäfen und die Quarantäne in Osaka auf sich genommen und setzt dort nun das Masterstudium Philosophie fort.
Wie lange bleiben Sie in Japan?
Ich studiere bis Ende August 2021 in Osaka. Wenn es die Umstände zulassen, habe ich vor, im September und eventuell Oktober noch etwas durch Japan und gegebenenfalls Südkorea oder Taiwan zu reisen.
Wie lange dauerten die Vorbereitungen für Ihren Auslandsaufenthalt?
Zusammen mit meiner Bewerbung beim International Office hat die Vorbereitung in etwa ein Jahr in Anspruch genommen. Durch die Corona-Pandemie ließ sich seit Anfang 2020 allerdings vieles gar nicht im Voraus planen. Erst Ende September wurde bekanntgegeben, dass ab dem 1. Oktober 2020 ausländische Studierende mit Langzeitvisa wieder nach Japan einreisen dürfen und welche Regeln sie dabei einzuhalten haben. Die Organisation von Visum, Anreise und zweiwöchiger Quarantäne musste deshalb ziemlich spontan ablaufen. Trotz der langen Vorbereitungszeit war also einiges an Geduld und Spontanität nötig. Zum Glück wurden uns Plätze im Studentenwohnheim bereits einige Monate im Voraus zugesichert, sodass wir uns zumindest keine Sorgen um eine Unterkunft machen mussten.
Werden Sie in Osaka Präsenzveranstaltungen besuchen?
Es sollen bald einige Veranstaltungen auf ein Hybridformat umgestellt werden. Unser Dozent hat uns bereits demonstriert, dass das mit dem technischen Equipment der Universität Osaka super funktionieren soll. Zum Beispiel hat der Dozent mehrere Kameras: Eine zeigt eine Sicht auf das Publikum, während die Zweite auf den Dozenten fixiert ist und ihm sogar automatisch folgt, wenn er sich durch den Raum bewegt. So sollen die Online-Teilnehmer gut dem Unterricht im Seminarraum folgen können. Im Gegenzug wird das Zoom-Meeting für die analogen Teilnehmer wahrscheinlich auf einer elektronischen Tafel angezeigt, welche sowohl als Whiteboard als auch als Projektionsfläche für zum Beispiel Powerpoint-Präsentationen oder Zoom genutzt werden kann. Und natürlich sollen im Raum dann auch Mund-Nasen-Schutz getragen und das Social Distancing eingehalten werden.
Gibt es besondere Corona-Vorschriften, die Sie vor Ort zu beachten haben?
Im Alltag sind die meisten Maßnahmen ähnlich zu denen in Deutschland. In geschlossenen Räumen wie Einkaufsläden, U-Bahnen und den Gemeinschaftsräumen des Studentenwohnheims muss ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden, und es steht überall Desinfektionsmittel zur Verfügung. Außerdem gibt es eine japanische Version der Corona-App, die von einigen hier genutzt wird.
Jedoch gibt es für das Alltagsleben in Japan kaum strikte Vorschriften. Einen richtigen Lockdown gab es hier seit Ausbruch des Virus nicht. Stattdessen appeliert die japanische Regierung an die inländischen Bürger in der Regel mit „Bitten“ (requests), denen tatsächlich ein Großteil der Menschen freiwillig nachzukommen scheint. Die Gastronomie ist weiterhin geöffnet, hat aber ähnlich wie in Deutschland auch verschiedene Maßnahmen getroffen, damit die notwendigen Mindestabstände und Hygieneregeln eingehalten werden.
In Osaka wurde der rote Alarm ausgerufen.
Am 3. Dezember wurde in Osaka aufgrund drastisch steigender Infektionzahlen der „rote Alarm“ ausgerufen, und es wurde vom Gouverneur darum gebeten, für die nächsten zwölf Tage alle nicht notwendigen Unternehmungen zu unterlassen. Was genau als „notwendig“ gilt, liegt allerdings im eigenen Ermessen der Bürger Osakas. Es ist auf jeden Fall sehr spannend, den Umgang mit einer Pandemie in einem anderen Land mitzuerleben.
Welche Hürden gab es für die Ausreise?
Ich denke, die größte Hürde war die Ungewissheit, ob ein Studium in Japan während der Corona-Pandemie überhaupt stattfinden kann. Während unter normalen Umständen schon einige Monate vor Semesterbeginn in Japan die Anreise organisiert werden kann, haben meine Kommilitonen und ich erst wenige Tage vor unserer Online-Begrüßungsfeier erfahren, dass wir bald nach Japan kommen dürfen. Die Unsicherheit darüber, ob es wirklich die richtige Entscheidung war, noch dieses Wintersemester mit dem Auslandsstudium zu beginnen, oder ob es nicht doch besser gewesen wäre, den Aufenthalt um ein bis zwei Semester zu verschieben, war natürlich sehr groß. Online-Veranstaltungen zu besuchen, welche in Deutschland durch die Zeitverschiebung teils Mitten in der Nacht stattfanden, war bereits für die ersten eineinhalb Monate des aktuell laufenden Semesters eine ziemliche Herausforderung. Aber ich denke, mein Durchhaltevermögen hat sich bisher bezahlt gemacht.
Die Organisation der Quarantäne lief überraschend reibungslos.
Tatsächlich verpflichtet man sich bei der Visa-Beantragung bereits dazu, sich nach Ankunft in Japan für 14 Tage in Quarantäne zu begeben, in dieser Zeit keine öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen, die Unterkunft nur zum Einkaufen in Convenience Stores zu verlassen, der japanischen Regierung die tägliche Körpertemperatur via App mitzuteilen, für den Fall einer Infektion das eigene Bewegungsmuster mit Google Maps oder einer ähnlichen App aufzuzeichnen und die japanische Corona-Warnapp zu nutzen. Durch die Hilfsbereitschaft der Universität Osaka und des japanischen Generalkonsulats liefen die Visa-Beantragung und die Organisation der Quarantäne in einem Hotel allerdings überraschend reibungslos.
Bereits zur Abreise aus Deutschland musste ein negativer Corona-Test vorgelegt werden, der zum Abflugszeitpunkt nicht älter als 72 Stunden ist. Bei der Ankunft am Kansai International Airport in Osaka hatte ich noch mal einen anderthalbstündigen Marathon durch den Flughafen vor mir. Dabei mussten an mehreren Stationen jegliche Einreisedokumente überprüft, erneut ein Covid-19-Test absolviert und anschließend auf dessen Auswertung gewartet werden. Erst als das Testergebnis feststand, war die Passkontrolle in Sicht.
Nach der Zollkontrolle stand dann schon ein Taxifahrer bereit, der von der Uni Osaka beauftragt wurde, mich und eine Kommilitonin aus England, die mit demselben Flugzeug in Japan ankam, abzuholen. Die letzte große Hürde war dann die zweiwöchige Quarantäne, welche wir nach der Taxifahrt (inklusive kurzer Rundfahrt durch Osakas wunderschön erleuchtete Innenstadt) in einem Hotel antreten durften.
Wie haben Sie die Quarantäne empfunden?
Die ersten vier bis fünf Tage der Quarantäne waren nicht besonders angenehm, insbesondere, weil sich der Jetlag nur sehr langsam auskuriert, wenn man verhältnismäßig wenig Tageslicht zu sehen kriegt. Mit etwas Zeitvertreib in Form von Büchern, japanischem Fernsehen, Online-Seminaren und einem guten Internetzugang ging die restliche Zeit wie im Flug vorbei. Dadurch, dass täglich die aktuelle Körpertemperatur an der Hotelrezeption gemessen wurde und zumindest Einkaufsgänge zu den lokalen Convenience Stores erlaubt waren, traf man auch mal zumindest für ein paar Minuten Leidensgenossen. Umso mehr freue ich mich jetzt, mit meinen Mitbewohnern im Studentenwohnheim kochen zu dürfen und gelegentlich die japanische Gastronomie ausprobieren zu können.
Es war eine unglaubliche Erleichterung.
Warum haben Sie das auf sich genommen?
Seit meiner Kindheit interessiere ich mich für die ostasiatischen Kulturen. Insbesondere die japanische Geschichte und Sprache fand ich schon immer faszinierend. Deswegen stand für mich schon seit Beginn des Bachelorstudiums der Philosophie und Japanologie fest, dass ich die Erfahrung machen möchte für einen längeren Zeitraum dort zu leben und zu studieren.
Dass durch die Ausbreitung des Covid-19-Virus der ersehnte Auslandsaufenthalt lange Zeit in der Schwebe hing, war auf jeden Fall ziemlich beängstigend. Außerdem bietet ein Masterstudium zeitlich auch nicht gerade viel Spielraum, um einen solchen Aufenthalt auf die lange Bank zu schieben. Es war mir also klar, dass auch trotz der Pandemie dieses Semester die beste Chance für mich sein würde. Insbesondere die Leitung des Austauchprogrammes, an dem ich in Osaka teilnehme, hat uns auch oft Mut gemacht, dass das Studium vor Ort noch stattfinden wird. Und auch der herzliche Kontakt zum International Office der RUB hat dabei geholfen, nicht den Kopf hängen zu lassen. Dass uns die Einreise dann im Oktober tatsächlich erlaubt wurde, war eine unglaubliche Erleichterung.