Astronomie Entfernungen mit Schwarzen Löchern bestimmen
Von der Erde aus betrachtet, sieht das Weltall beschaulich aus. Kein Anzeichen dafür, dass Galaxien mit atemberaubenden Geschwindigkeiten auseinanderfliegen und Schwarze Löcher Materie verschlingen. Kein Anzeichen?
Das Team vom Astronomischen Institut der RUB um Prof. Dr. Rolf Chini schaut genau hin. Die Forscher beobachten bestimmte Bereiche des Himmels über Wochen und Monate. Sie suchen zum Beispiel nach periodischen Helligkeitsschwankungen oder Verschiebungen der Spektrallinien, mit deren Hilfe sie Doppelsterne enttarnen. Auch aktive Schwarze Löcher, sogenannte Quasare, stehen aufgrund ihrer unregelmäßigen Helligkeitsausbrüche unter ständiger Beobachtung der Bochumer Teleskope in der Atacama-Wüste, Chile.
Die Astronomen arbeiten zum Beispiel an einer neuen Methode, um die Entfernung von Quasaren zur Erde zu bestimmen. Damit könnten sie die Theorie zur Ausdehnung des Universums überprüfen, die 2011 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde, und fundamentale Erkenntnisse über den Zustand des Universums erlangen.
Anhand von Supernova-Explosionen hatten drei Kosmologen berechnet, dass sich die Expansion des Universums beschleunigt. Die Methode basiert auf der Annahme, dass alle Supernovae gleich hell sind. „Unsere Entfernungsbestimmung käme ohne solche Annahmen aus“, sagt Chini. „Ich will nicht das Weltbild umstoßen, aber wir hätten gern eine unabhängige Methode zur Bestimmung von Entfernungen im Weltall neben den Supernova-Messungen.“ In vier bis fünf Jahren, so schätzt der Bochumer Wissenschaftler, könnte er genügend Daten für die Statistik zur Verfügung haben.
Bis dahin lassen sich aus den Messungen bereits andere interessante Schlussfolgerungen ziehen, zum Beispiel über die Struktur von Schwarzen Löchern. Oder genauer gesagt, die Struktur ihrer Umgebung. „Ein Schwarzes Loch ist etwas unendlich Kleines, ein Ding, das ganz viel Masse hat, aber keine Ausdehnung“, beschreibt Chini. „Wir wollen wissen, wie es in der Nähe des Schwarzen Loches aussieht.“
Materie fällt nicht einfach direkt in ein Schwarzes Loch hinein, sondern bewegt sich spiralförmig auf das Zentrum zu. Ganz in der Nähe des Schwarzen Loches bildet sich eine Materieansammlung, Akkretionsscheibe genannt. Drum herum liegt ein Ring aus Staub. Chinis Team beschrieb 2014 erstmals die Form des Staubmantels und löste damit das jahrzehntealte astronomische Rätsel um die Struktur von Quasaren.
Dabei gingen die Forscher wie folgt vor: Fällt Materie auf die Akkretionsscheibe, leuchtet sie hell auf. Licht im sichtbaren Bereich gelangt von der Akkretionsscheibe auf direktem Weg zu den Beobachtern auf der Erde. Ein Teil des Lichts trifft jedoch auch auf den Staubmantel, der die Akkretionsscheibe umgibt, und erwärmt den Staub. Diese Wärme gibt der Staub in Form von Infrarotstrahlung wieder ab, die ebenfalls auf der Erde messbar ist. Sie trifft dort jedoch einige Wochen später ein als das sichtbare Licht der Akkretionsscheibe.
Aus dieser präzise gemessenen Zeitverzögerung ermittelte Chinis Team erstmals die innere konkave Form des Staubmantels und damit auch den korrekten Abstand vom Schwarzen Loch, der nun mit theoretischen Vorhersagen übereinstimmt.