Dichtung Die größte Wissenslücke in der Literaturwissenschaft
Als Schwarzes Loch der Philologie bezeichnet Peter Goßens eine ganz grundsätzliche Frage seines Fachgebiets.
Eine wahrscheinlich niemals befriedigend zu klärende Unbekannte in der Literaturwissenschaft ist die Frage nach ihrem Gegenstand: „Was ist Dichtung?“, fragen nicht nur die Literaturwissenschaftler, sondern die Dichter selbst seit Jahrtausenden und gelangen zu keinem endgültigen Ergebnis.
Es gibt wahrscheinlich so viele Antworten, wie es Dichterinnen und Dichter, Leserinnen und Leser oder eben Literaturwissenschaftler gibt. Eine mögliche Antwort hängt schon von der Frage ab, die man (sich) stellt: Auf „Was ist Literatur?“ wird es eine andere Antwort geben als auf die Frage „What is poetry?“.
Dichtung gibt es nur im Deutschen
Das Wort „Dichtung“ selbst gibt es nur im Deutschen, und es ist nicht ohne weiteres in andere Sprachen übersetzbar. Dennoch dichten Dichter überall auf der Welt, und ebenso gibt es Menschen, die sich mit ihren Dichtungen beschäftigen.
Die Frage „Was ist Dichtung“ dürfte weltweit verstanden, aber wohl nur sehr individuell und keinesfalls hinreichend beantwortet werden. Sie bildet so etwas wie das Schwarze Loch der philologischen Disziplinen, und die Suche nach möglichen Antworten ist der Motor, der die Beschäftigung auch mit sehr alten Texten der Weltliteratur − nicht nur für Literaturwissenschaftler − zu einem Erlebnis macht.