Serie Grenzgänger
Auf der kleinen und der großen Ebene verstehen Forscher viel über das Gehirn. Dazwischen klafft eine Lücke, meint Prof. Dr. Onur Güntürkün. © Damian Gorczany

Neurowissenschaft Ein unvorstellbar komplexes Organ

Um das Gehirn wirklich zu verstehen, fehlen nicht nur die technischen, sondern auch die konzeptuellen Voraussetzungen.

In jedem Moment unseres Denkens sind Milliarden von Hirnzellen aktiv. Ihre kollektive Tätigkeit ist die materielle Innenansicht unserer mentalen Prozesse. Doch welche individuellen Nervenzellen an diesem kollektiven Feuerwerk beteiligt sind, ändert sich ständig. Dadurch formen immer wieder neue Neuronenkoalitionen unser Denken.

Wissenschaftlich verstehen wir, wie kleine Gruppen von Nervenzellen zusammenarbeiten. Dies möchte ich als Mikroebene des Denkens bezeichnen. Wir verstehen auch hinreichend den Zusammenhang zwischen kognitiven Funktionen und der momentanen Gesamtaktivität von Hirnregionen – die Makroebene. Doch wie sich Millionen kleiner Mikroebenen in die Makroebene verweben und wie daraus unser Denken entsteht – das verstehen wir noch nicht. Dafür fehlen uns nicht nur die technischen, sondern auch die konzeptuellen Voraussetzungen. Denn selbst wenn wir die Aktivitäten jeder Nervenzelle unseres Gehirns zeitgleich messen könnten, müssten wir momentan vor der unvorstellbaren Komplexität dieser Daten kapitulieren.

Veröffentlicht

Donnerstag
19. April 2018
15:00 Uhr

Von

Onur Güntürkün

Teilen