Neurowissenschaft Warum die linke Hirnhälfte Sprache besser versteht als die rechte
Neue bildgebende Verfahren erlauben zuvor unmögliche Einblicke in die Mikrostruktur der entscheidenden Hirnregion.
Beim Verarbeiten von Sprache ist die linke Hirnhälfte der rechten überlegen. Was auf neuroanatomischer Ebene dahintersteckt, war bislang unsicher. Schon länger hatten Forscher den Verdacht, dass die Anzahl an Nervenzellverbindungen in einer Hirnregion namens Planum temporale damit zu tun haben könnte. Doch es fehlten die Methoden, um den Zusammenhang belegen zu können. Biopsychologen der RUB und der Technischen Universität Dresden nutzten nun eine neue Form der Magnetresonanztomografie in Kombination mit EEG-Messungen, um genau diesen Zusammenhang zu untersuchen.
Mit der Magnetresonanztomografie maß das Team um Privatdozent Dr. Sebastian Ocklenburg, Patrick Friedrich, Christoph Fraenz, Prof. Dr. Dr. h. c. Onur Güntürkün und Dr. Erhan Genç die Dichte und räumliche Anordnung von Nervenzellfortsätzen im Planum temporale von fast hundert Versuchspersonen. Außerdem erfassten sie bei denselben Probandinnen und Probanden mit EEG-Messungen die Verarbeitungsgeschwindigkeit für sprachliche Informationen in der linken und rechten Hirnhälfte.
Schneller dank mehr Nervenzellfortsätzen
Das Ergebnis: Versuchspersonen mit besonders schneller linkhemisphärischer Sprachverarbeitung besaßen auch besonders viele und dicht gepackte Nervenzellfortsätze im linken Planum temporale. „Aufgrund dieser Mikrostruktur ist die Sprachverarbeitung linksseitig schneller und wahrscheinlich auch die zeitliche Präzision höher, mit der das Gehörte entschlüsselt wird“, folgert Ocklenburg. „Die höhere Verschaltungsdichte scheint somit ein entscheidender Baustein für die sprachliche Überlegenheit unserer linken Hirnhälfte zu sein“, ergänzt Genç.
Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift „Science Advances“ vom 11. Juli 2018 beschrieben.