Emmy-Noether-Gruppe Materialien, die kühlen, steuern, speichern
Anna Grünebohm berechnet die Bauanleitung für maßgeschneiderte Werkstoffe.
Bewegung oder Temperaturänderungen in elektrischen Strom umwandeln, das und mehr können ferroelektrische Werkstoffe. Sie zu optimieren ist Ziel der neuen Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe von Dr. Anna Grünebohm am Interdisciplinary Centre for Materials Simulation, kurz Icams, an der RUB. Die Gruppe „Scale-bridging computational design of multifunctional ferroelectric composites“ wird seit 1. Mai 2019 für sechs Jahre mit über 1,3 Millionen Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Zwei Promotionsstellen sind derzeit ausgeschrieben.
Kleine Bewegungen steuern
Forschungsschwerpunkt der Gruppe sind Oxide mit Perovskitstruktur, in denen man wie in einem Legobaukasten verschiedene Ionen und somit unterschiedliche Eigenschaften einfügen kann. Besonders interessant sind ferroelektrische Perovskite, da darin geordnete elektrische Dipole existieren, die durch das Anlegen eines elektrischen Feldes ausgerichtet werden können. Dabei findet im Material eine elastische Verzerrung statt. „Das macht man sich heute schon für piezoelektrische Aktuatoren zunutze: kleine Bauteile, die winzige Bewegungen steuern, zum Beispiel in Kameras“, erklärt Anna Grünebohm.
Energie ernten
Außerdem kann man mit solchen Materialien auch elektrische Energie gewinnen oder sie für neue umweltfreundliche Kühltechnologien nutzen. „Das Spannende ist, dass man elektrische Energie ernten kann: Man kann Strom aus Temperaturänderungen oder Bewegungen gewinnen, die man ohnehin hat. Beispiele sind Abwärme oder ein Funklichtschalter, bei dem die Bewegung zum Drücken der Taste gleichzeitig den Strom für das Funksignal erzeugt“, beschreibt Anna Grünebohm.
„Leider enthalten solche Materialien oft Blei, und das würde man gerne vermeiden“, so die Forscherin. Mittels Computersimulationen will sie ein vertieftes Verständnis der Mechanismen erlangen, die in solchen Werkstoffen ablaufen, und nanostrukturierte Materialien mit maßgeschneiderten Eigenschaften mittels Simulationen vorhersagen. So soll eine Art Bauanleitung für neue Werkstoffe für experimentelle Kollaborationspartner entstehen.