Aus ihren Daten erzeugten die Forscherinnen und Forscher sogenannte Massekarten, die die Verteilung der Materie im Universum repräsentieren. Die Bildmontage zeigt diese Karten am Himmel über der RUB und verdeutlicht, wie groß der Himmelsausschnitt ist, der für die aktuellen Studien analysiert wurde. © B. Giblin, K. Kuijken and KiDS Team, Original foreground panorama picture credit: U. Sesse, Background: ESO/Acknowledgement: Aniello Grado and Luca Limatola

Astronomie Das Universum ist homogener als gedacht

Eine Auswertung von 31 Millionen Galaxien gibt Aufschluss über die Materieverteilung im Weltall. Sie passt nicht ganz zum Standardmodell der Kosmologie.

Aktuelle Ergebnisse des Kilo-Degree Survey haben ergeben, dass die Materie im Universum um etwa zehn Prozent gleichmäßiger verteilt ist als vom Standardmodell der Kosmologie vorhergesagt. Ein internationales Team mit RUB-Beteiligung beschreibt die Ergebnisse in fünf Artikeln, von denen drei am 31. Juli 2020 auf einem Preprint-Server veröffentlicht wurden. Sie sind zudem in der Zeitschrift Astronomy and Astrophysics zur Veröffentlichung eingereicht.

In die Analyse gingen Daten von 31 Millionen Galaxien ein, die mit dem Very Large Telescope Survey Telescope des European Southern Observatory aufgezeichnet wurden.

Anhand der Galaxien und mithilfe des sogenannten Gravitationslinseneffekts erstellte das Forschungskonsortium eine Karte mit der Materieverteilung im Universum – und zwar der sichtbaren Materie, der Gase und der nicht sichtbaren Dunklen Materie. Die Ergebnisse passen nicht zum Standardmodell der Kosmologie.

Die Materieverteilung machen die Forscherinnen und Forscher in solchen Karten sichtbar. Das graue Quadrat zeigt die Größe einer einzelnen aufgenommenen Karte, mit dem Mond darin als Größenvergleich. Die Gesamtkarte besteht aus mehr als 1.000 Bildern. Bereiche mit hoher Materiedichte sind gelb gezeigt, Bereiche mit niedriger Dichte pink. © B. Giblin, K. Kuijken und das KiDS Team

„Das Standardmodell beschreibt seit 20 Jahren alle kosmologischen Beobachtungen, die wir machen. Dabei ist es aber etwas unbefriedigend, dass man mysteriöse Substanzen wie Dunkle Materie und Dunkle Energie annehmen muss. Darum versuchen wir, dieses Modell, so gut es geht, zu testen“, sagt Prof. Dr. Hendrik Hildebrandt, Leiter der RUB-Gruppe Beobachtende Kosmologie.

Risse im Standardmodell?

Die aktuelle Analyse könnte darauf hinweisen, dass das Standardmodell Risse bekommt. „Die Diskrepanzen könnten natürlich von systematischen Messfehlern hervorgerufen werden“, räumt Prof. Dr. Catherine Heymans von der University of Edinburgh ein, die zusammen mit Hendrik Hildebrandt das German Centre for Cosmological Lensing an der RUB leitet, wo sie auch eine Gastprofessur innehat. „Aber die Messungen werden immer genauer, sodass das immer unwahrscheinlicher wird“, so Heymans weiter.

Eins ist klar, wir leben in spannenden Zeiten!


Hendrik Hildebrandt

Ob das Standardmodell letztendlich durch eine komplett neue Theorie abgelöst werden muss, zum Beispiel indem Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie ersetzt wird, können die Forscher noch nicht abschätzen. „Es gibt viele Theorien, die versuchen, die Messungen mit neuer Physik zu erklären“, so Hendrik Hildebrandt. „Als beobachtender Kosmologe versucht man, dabei unparteiisch zu bleiben und die Messungen ohne theoretische Vorurteile so genau wie möglich zu machen. Eins ist klar, wir leben in spannenden Zeiten!“

Veröffentlicht

Freitag
31. Juli 2020
09:26 Uhr

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