Eltern fühlten sich im Lauf der ersten vier Wochen des Corona-Lockdowns zunehmend einsamer. © RUB, Marquard

Psychologie Wie einsam sich Deutschland während des Corona-Lockdowns fühlte

Auch wenn das Kontaktverbot Infektionen mit Covid-19 wirkungsvoll eindämmte, fürchteten manche, die Maßnahmen würden eine Epidemie der Einsamkeit auslösen. Ein Forschungsteam hat Menschen in Deutschland dazu befragt.

Das Einsamkeitsgefühl hat sich in Deutschland in den ersten vier Wochen des Corona-Lockdowns verändert: Während es im Durchschnitt in den ersten zwei Wochen zunahm, nahm es in Woche drei und vier wieder ab. Zu diesem Schluss kommen Forscherinnen und Forscher der RUB und Humboldt-Universität zu Berlin nach Auswertung einer Online-Befragung. Allerdings fielen die Ergebnisse in den unterschiedlichen Altersklassen verschieden aus.

Das Team um Susanne Bücker von der Bochumer Arbeitseinheit Psychologische Methodenlehre und Prof. Dr. Kai Horstmann von der Berliner Arbeitsgruppe Psychological Assessment of Person-Situation-Dynamics berichtet über die Studie in einer Online-Vorabveröffentlichung, die im Juni 2020 auf einem Preprint-Server eingestellt wurde.

Keine Epidemie der Einsamkeit

„Unsere Daten stützen die Theorie einer Epidemie der Einsamkeit nicht“, folgert Susanne Bücker. „Allerdings berichten wir nur Kurzzeiteffekte, die sich möglicherweise von Langzeiteffekten unterscheiden.“ Es komme hinzu, dass es in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern gut gelungen sei, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. „Psychische Konsequenzen könnten in anderen Ländern, die die Pandemie nicht so gut bewältigen konnten, anders ausfallen“, ergänzt Kai Horstmann.

Einsamkeit am größten bei den Jüngeren

In der untersuchten Stichprobe erzielten Menschen über 60 Jahren entgegen den Erwartungen die geringsten Einsamkeitswerte. Am einsamsten fühlten sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwischen 18 und 30 Jahren. Generell beobachteten die Forscherinnen und Forscher sehr unterschiedliche Einsamkeitsverläufe. Bei manchen Menschen nahm die Einsamkeit im Lauf des Lockdowns zu, bei anderen ab.

Signifikante Unterschiede zeigten sich zum Beispiel in Abhängigkeit der Familiensituation. Bei Personen ohne Kinder nahm die Einsamkeit im Lauf der Zeit ab, bei Eltern hingegen zu. Eltern waren in der Krise besonders stark gefordert, da viele eine berufliche Tätigkeit, Beschulung, Kinderbetreuung und Freizeitgestaltung unter einen Hut bekommen mussten. Ihnen stand in dieser Phase möglicherweise weniger Zeit zur Verfügung, sich um ihre soziale Einbindung zu kümmern, spekulieren die Autorinnen und Autoren der Studie.

„Diese Erklärungen sind allerdings spekulativ“, unterstreicht Susanne Bücker. „Es ist weitere Forschung erforderlich, um die Hintergründe der beobachteten Effekte zu verstehen.“

Mitmachen

Wer Interesse hat, an der weiterlaufenden Studie teilzunehmen, kann dies nach wie vor tun. Neue Teilnehmerinnen und Teilnehmer können sich online registrieren.

Coronaforschung an der RUB

Seit Beginn der Coronapandemie wird an der RUB zu Covid-19 geforscht –  über alle Fächergrenzen hinweg. Beteiligt sind deshalb nicht nur Medizin und Lebenswissenschaften, sondern beispielsweise auch Psychologie, Soziologie, Rechts-, Erziehungs- und Geschichtswissenschaft. Einen Überblick der Forschungsprojekte findet sich hier.

Veröffentlicht

Dienstag
11. August 2020
09:04 Uhr

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