Standpunkt Warum wir zu wenig über Mikroplastik wissen
Je kleiner Mikroplastikpartikel sind, desto diffuser ist die Lage. Gerade für besonders kleine Partikel, die in die Umwelt gelangen, gibt es noch viel zu wenig Messdaten.
Am Ende des Lebenszyklus vieler Kunststoffprodukte verbleiben Partikel unterschiedlicher Größe in der Umwelt, unter anderem Mikroplastik mit einer Größe kleiner als fünf Millimeter. In siedlungswasserwirtschaftlichen Systemen sind die Verbreitung und das Vorkommen von Mikroplastik noch nicht abschließend geklärt. Aktuelle Veröffentlichungen zeigen, dass bei Anschluss an das Mischkanalsystem, mit dem Abwasser und Regenwasser gemeinsam abgeleitet werden, 90 bis 95 Prozent der Mikroplastikfracht auf Kläranlagen entfernt werden. Gelangt Mikroplastik allerdings in den Regenwasserkanal, der das Wasser nicht über die Kläranlage abführt, wird ein geringerer Anteil zurückgehalten. Unklarheit in Bezug auf die Reinigungsleistung der siedlungswasserwirtschaftlichen Infrastruktur besteht bei Partikeln, die kleiner als zehn Mikrometer sind.
Der Forschungsbedarf ist groß
Gerade Reifenabrieb, der mit über 1.000 Gramm pro Einwohner und Jahr den größten Anteil der Mikroplastik-Emissionen in Deutschland ausmacht, hat mit einer Dichte von etwa 1,1 Gramm pro Kubikzentimeter und einer Größe von unter 100 Mikrometer schlechte Absetzeigenschaften. Ob herkömmliche Regenklärbecken Mikroplastik aus Straßenabflüssen zurückhalten können, ist zu klären. Nötig sind nach heutigem Stand Filtersysteme oder sogar Membrananlagen. Weiterhin besteht großer Forschungsbedarf.
Die Bestimmung von Mikroplastik in (Ab-)Wasser hängt vom methodischen Vorgehen ab. Es gliedert sich grob in drei Bereiche: Probenahme, Aufbereitung und Analyse. Es müssen große Wassermengen analysiert werden, um zu einem repräsentativen Ergebnis zu kommen. Die Probenaufbereitung erfordert es, andere Schmutzpartikel abzutrennen, um störende Einflüsse auf das Messergebnis zu vermeiden. Häufig werden dazu mechanische Verfahren eingesetzt, zum Beispiel Siebung, Filtration und Dichtetrennung.
Während große Partikel mit bloßem Auge erkennbar sind, müssen kleinere auf Basis von morphologischen Eigenschaften unter dem Mikroskop identifiziert und quantifiziert werden. Für qualitative Analysen können spektroskopische Methoden wie Raman- und Fourier-Transform-Infrarot-Spektroskopie sowie thermoanalytische Verfahren wie Pyrolyse mit anschließender Gaschromatographie oder Massenspektroskopie eingesetzt werden. Fortgeschrittene Verfahren vereinen die spektroskopische Bestimmung und die automatisierte Auszählung in einem Analyseschritt.
Partikel in Fischen
Moderne Analysemethoden können Mikroplastikpartikel bis zu einer Größe von etwa 2,5 Mikrometer messen. Partikel dieser Größe können im Gewebe beispielsweise von Fischen eingelagert werden und entfalten Wirkungen unter anderem durch ihre mechanischen Eigenschaften und die Anlagerung von toxischen Stoffen auf der Kunststoffoberfläche. Unklar ist, wie viel Mikroplastik in noch kleinerer Form vorliegt. Viele praxisnahe Messungen arbeiten heute bis etwa 50 Mikrometer, sodass Unsicherheit über Vorkommen und Gesamtmenge des Mikroplastiks besteht.
Bisher gibt es kein standardisiertes Vorgehen bei der Bestimmung von Mikroplastik. Dies und eine Verbesserung der Analytik im Bereich kleiner zehn Mikrometer sind im Hinblick auf die Vergleichbarkeit von Ergebnissen und in Bezug auf die Einschätzung der Schadwirkung von Mikroplastik zwingend nötig. Weitergehende Verfahren der Abwasserreinigung zur Verhinderung des Eintrags kleinster Mikroplastikbestandteile können so verfeinert und entsprechende Maßnahmen zum Schutz der aquatischen Umwelt ergriffen werden.