Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass das Unterdrücken von unerwünschten Erinnerungen nicht leichtfertig als therapeutische Strategie empfohlen werden sollte. © RUB, Marquard

Neurowissenschaft Leistungsfähigkeit bei Morgen- und Abendtypen

Manche Menschen sind leistungsfähiger am Morgen, andere am Abend. Das spiegelt sich auch in der Gehirnaktivität wider.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung an der Technischen Universität Dortmund (IfADo) und der International Graduate School of Neuroscience an der RUB erforschen den Zusammenhang von Chronotyp und den physiologischen Prozessen des menschlichen Gehirns. Die neuesten Erkenntnisse wurden am 3. August 2021 in Nature Communications veröffentlicht. Das Ergebnis: Der Chronotyp beeinflusst die menschlichen Gehirnfunktionen von grundlegenden physiologischen Mechanismen bis hin zu höheren kognitiven Funktionen, wie Wahrnehmung, Lernen, Erinnern und Denken.

Innere Uhr

Der wichtigste zirkadiane Rhythmus, die Fähigkeit von Organismen, physiologische Vorgänge auf etwa 24 Stunden zu synchronisieren, ist der Schlaf-Wach-Rhythmus. Der zirkadiane Rhythmus unterscheidet sich zwischen Individuen. Das ist die Grundlage von Chronotypen. Chronotypen werden durch die individuelle innere Uhr bestimmt und in Morgen- und Abendtypen unterteilt. Die innere Uhr legt fest, wann im Verlauf eines Tages körperliche oder geistige Tätigkeiten zu den besten Ergebnissen führen. Die Einteilung in Morgen- und Abendmenschen geht außerdem mit spezifischen physiologischen, verhaltensmäßigen und auch genetischen Ausprägungen einher. Ob und wie der Chronotyp die menschliche Gehirnphysiologie und Kognition beeinflusst, ist bisher jedoch noch nicht vollkommen verstanden.

Frühe und späte Chronotypen

Die Abteilung Psychologie und Neurowissenschaften am IfADo erforscht daher, wie Leistungsfähigkeit und die Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen sowie die entsprechenden physiologischen Grundlagen mit frühen und späten Chronotypen bei Menschen zusammenhängen. In der aktuellen Studie hat die Arbeitsgruppe um Ali Salehinejad und Michael Nitsche festgestellt, dass motorisches Lernen und kognitive Fähigkeiten zur entsprechend dem individuellen Chronotyp bevorzugten Zeit im Vergleich zur nicht bevorzugten Zeit deutlich besser sind. Außerdem spiegeln sich diese Leistungsunterschiede auch in entsprechenden Unterschieden der Gehirnphysiologie, wie der neuronalen Erregbarkeit und der Neuroplastizität, wider. Individuelle tageszeitabhängige Leistungsunterschiede lassen sich somit auf den Einfluss des Chronotyps auf menschliche Gehirnfunktionen von grundlegenden physiologischen Mechanismen bis hin zu Verhalten und kognitiven Funktionen zurückführen.

Die Arbeiten waren eingebettet in Ali Salehinejads Promotion in der International Graduate School of Neuroscience.

Originalveröffentlichung

Mohammad Ali Salehinejad, Miles Wischnewski, Elham Ghanavati, Mohsen Mosayebi-Samani, Min-Fang Kuo, Michael A. Nitsche: Cognitive functions and underlying parameters of human brain physiology are associated with chronotype, in: Nature Communications, 2021, DOI: 10.1038/s41467-021-24885-0

Veröffentlicht

Montag
09. August 2021
09:20 Uhr

Von

Anne Rommel (Ifado)

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