Geowissenschaft Neue Art von Erdbeben entdeckt
Die neu entdeckten seismischen Ereignisse sind langsamer als herkömmliche Erdbeben. Ihre Existenz unterstützt eine geowissenschaftliche Theorie, für die es bislang kaum Messergebnisse gab.
Eine neue Art von Erdbeben hat ein kanadisch-deutsches Forschungsteam in Britisch Kolumbien entdeckt. Anders als herkömmliche Erdbeben der gleichen Stärke verlaufen sie langsamer und dauern länger an. Bei den untersuchten Ereignissen handelte es sich um sogenannte induzierte Erdbeben, die durch Fracking ausgelöst werden, eine Methode, die in Westkanada zur Öl- und Gasgewinnung genutzt wird. Mit einem Netz aus acht seismischen Stationen rund um das Bohrloch zeichneten die Forschenden des Geological Survey of Canada, der RUB und der McGill University Daten von 350 Erdbeben auf. Rund zehn Prozent davon entpuppten sich als langsame Beben, die zuvor hauptsächlich in Vulkangebieten beobachtet worden waren.
In der Zeitschrift Nature Communications, online veröffentlicht am 25. November 2021, beschreibt die Gruppe um Hongyu Yu – zu Beginn der Arbeiten an der RUB, später am kanadischen Geological Survey of Canada – und RUB-Professorin Dr. Rebecca Harrington die Ergebnisse.
Mehrere Theorien zur Entstehung von Erdbeben
Bislang erklären Forschende die Entstehung von Erdbeben im Fracking-Prozess mit zwei Theorien, die beschreiben, wie sich der Druck und das Spannungsgefüge im Untergrund verändern.
Theoretische Modelle und Laboruntersuchungen haben mittlerweile aber noch eine andere Form von geologischen Bewegungen vorhergesagt, bei der sich der Untergrund zwar verschiebt, es aber nicht zu seismischer Aktivität kommt.
Fracking-Prozess anpassen
Das deutsch-kanadische Forschungsteam vermutet, dass die neu entdeckten langsamen Erdbeben eine Zwischenform der herkömmlichen Erdbeben und der erdbebenlosen Bewegungen sein könnten – und somit indirekt einen Hinweis darauf geben, dass es auch in der Umgebung der Bohrlöcher zu erdbebenlosen geologischen Bewegungen kommen kann.
„Wenn wir verstehen würden, wann der Untergrund auf den Fracking-Prozess mit Bewegungen reagiert, die kein Erdbeben und somit keinen Schaden an der Oberfläche anrichten, könnte man die Prozesse entsprechend anpassen“, beschreibt Rebecca Harrington, Leiterin der Gruppe Hydrogeomechanik an der RUB, eine Implikation der Studie.