Tauben ordnen Gesehenes in Kategorien ein und helfen so der Forschung.
© SFB874/Susanne Troll

Biopsychologie Der Strategie des Schubladendenkens auf der Spur

Bochumer Forschungsteam identifiziert allgemeine Grundsätze beim Kategorisierungslernen mithilfe neu entwickelter Untersuchungsmethode.

Unsere geistige Fähigkeit, die komplexe Welt in Kategorien einzuteilen, erleichtert unser tägliches Leben. Doch wie kommen wir zu dieser Einteilung? Welche Sinne nutzen wir dafür? Und welche Merkmale werten wir aus? Der Beantwortung dieser Fragen sind Forschende der RUB mit der Hilfe von Tauben ein Stück näher gekommen. Sie fanden heraus, dass Vögel verschiedene Strategien nutzen, um Kategorien erfolgreich zu lernen. Für ihre Datenerhebung nutzen sie eine neue Forschungsmethode. Sie kombinierten dabei die sogenannte virtuelle Phylogenese, bei der künstliche Stimuli computergestützt erzeugt werden, mit einem maschinellen Lernansatz und somit der automatisierten Auswertung des Pickverhaltens der Vögel. Die Erkenntnisse ihrer Forschung veröffentlichten sie in der Januarausgabe der Zeitschrift Animal Cognition.

Kategorisierung macht Wissen für neue Erfahrungen nutzbar

Umgangssprachlich gern als Schubladendenken beschrieben, heftet dem Kategorisierungslernen ein eher negativer Beigeschmack an. Dabei bietet die grundlegende kognitive Fähigkeit zur Kategorisierung einen bedeutenden Vorteil: Sie fasst die Flut von Objekten oder Ereignissen in unserer Umgebung auf der Basis von Gemeinsamkeiten zusammen und macht das Wissen, das bereits angehäuft wurde, für neue Erfahrungen nutzbar.

Welche Reizeigenschaften das Einordnen in eine Kategorie bestimmen, wird wissenschaftlich seit langer Zeit kontrovers diskutiert. Die Arbeit des Bochumer Forscherteams bietet nun Erkenntnisse zu dieser Frage.

Detaillierte Analysemöglichkeit durch besonderes Pickverhalten der Tauben

Die Biopsychologen trainierten Tauben darin, digital hergestellte Bilder am Bildschirm zu unterscheiden und sie in Kategorien zu unterteilen, indem sie auf den Monitor pickten. „Die Eigenschaften der Bildreize haben wir genau definiert“, erläutert Dr. Roland Pusch, Erstautor der Studie, den Prozess. „Durch sogenannte virtuelle Phylogenese haben wir zwei Objektfamilien mit je 20 Mitgliedern am Computer geschafften. Jedes Objekt gehörte aufgrund seiner Eigenschaften eindeutig Familie X oder Familie Y an und konnte so entsprechend von den Tieren kategorisiert werden.“ „Der Trumpf unserer Untersuchungsreihe war das besondere Pickverhalten von Tauben“, ergänzt Projektleiter Prof Dr. Dr. Güntürkün. „Tauben kennzeichnen nach dem Training mit ihrem Picken nämlich einerseits, ob ein Objekt einer Kategorie angehört oder nicht. Andererseits kennzeichnen sie aber auch genau die Stelle am Objekt, die für ihre Kategorisierungsentscheidung ausschlaggebend war.“

Auf Grundlage der automatisierten Aufzeichnung bestimmten die Wissenschaftler gezielt die Orte an den Objekten, die die Tauben bei ihrer Wahl am Monitor berührten. „Das Pickverhalten einzelner Tiere war sehr konstant. Dies führt uns zu dem Schluss, dass die Tiere auf ganz spezifische Eigenschaften der Stimuli Wert legen“, so Pusch. „Interessanterweise sind diese Vorlieben, trotz identischer Verhaltensleistung, individuell unterschiedlich – jede Taube hat also ihre ganz eigenen spezifischen Eigenschaften, auf die sie bei den zwei Objektfamilien Wert legt. Dies deutet darauf hin, dass das Kategorisierungslernen nicht auf eine einzige Lernstrategie beschränkt ist.“

Veröffentlicht

Donnerstag
03. Februar 2022
09:17 Uhr

Von

Anke Maes

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