Andreas Schramm ist an der Ruhr-Universität als Data Steward tätig.
© RUB, Marquard

Forschungsdatenmanagement „Man muss vor allem kommunikativ sein“

Andreas Schramm hilft Forschenden, ihre Daten nachhaltig nutzbar zu machen. Dabei ist viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

Herr Dr. Schramm, Ihre Berufsbezeichnung lautet Data Steward. Was ist das eigentlich?
Am Anfang konnte ich mit dem Begriff auch wenig anfangen. Letztendlich bin ich ein Datenverantwortlicher, der Forschende dabei begleitet, ihre Daten gemäß der guten wissenschaftlichen Praxis zu behandeln. Es geht darum, dass auch nachfolgende Generationen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sie nutzen können sollen. Dazu müssen die Daten, nachdem sie generiert wurden, direkt nachvollziehbar dokumentiert und ablegt werden.

FAIR-Prinzipien für den Umgang mit Daten

Das Akronym FAIR steht für findable, accessible, interoperable und reusable – vier Eigenschaften, die Forschungsdaten idealerweise erfüllen sollten.

  • Findable: Um sowohl für Menschen als auch für Computer leicht auffindbar zu sein, sollten Daten mit Metadaten beschrieben werden sowie einen Identifier erhalten.
  • Accessible: Die Daten sollten für berechtigte Personengruppen leicht zugänglich sein.
  • Interoperable: Es sollte möglich sein, die Daten auch in anderem Kontext zu verstehen.
  • Reusable: Das große Ziel der FAIR-Prinzipien ist, dass einmal gewonnene Daten wiederverwendet werden können, um sie zum Beispiel mit anderen Datensätzen zusammenzubringen und neu zu analysieren. Zu diesem Zweck müssen sie gut beschrieben und die Möglichkeiten ihrer Nutzung müssen gekennzeichnet sein.

Welche Charaktereigenschaften muss ein Data Steward haben?
Man muss vor allem kommunikativ sein und auf Menschen zugehen können. Ich habe mit vielen verschiedenen Teams zu tun und muss mich auf verschiedene Menschen einstellen können. Eine Portion Beharrlichkeit hilft dabei, das Thema Forschungsdatenmanagement im Fokus der Forschenden zu halten. Außerdem braucht man eine gewisse Frustrationstoleranz und sollte geduldig sein.

Man darf nicht enttäuscht sein, wenn eine Lösung nicht direkt so angenommen wird, wie man sie sich ausgedacht hat.

Warum das?
Für die Forschenden ist es eine große Herausforderung, Forschungsdatenmanagement effizient in ihrem Alltag unterzubringen. In erster Linie möchten sie Forschung betreiben und ihr Anspruch ist, es die Ergebnisse ihrer Forschung zu publizieren. Da bleibt wenig Zeit für ein nachhaltiges Forschungsdatenmanagement gemäß der FAIR-Prinzipien. Daher steht das Thema nicht an erster Stelle. Man darf nicht enttäuscht sein, wenn eine Lösung nicht direkt so angenommen wird, wie man sie sich ausgedacht hat.

Was kann man dagegen tun?
Wichtig ist, geduldig und hilfsbereit zu bleiben und immer wieder auf bereits vorhandene technische Optionen aufmerksam zu machen. Ich denke, langfristig müsste sich grundsätzlich etwas ändern. Es sollten nicht nur wissenschaftliche Publikationen Wertschätzung erhalten, sondern auch der Weg dorthin – dazu gehört, dass man Forschungsdaten und auch Forschungssoftware nachhaltig verfügbar macht. Außerdem müssen wir versuchen, vorhandene Systeme und Software für Forschungsdatenmanagement weiter zu optimieren, sodass der Aufwand für die Nutzung geringer wird. An der Ruhr-Universität ist in enger Zusammenarbeit zwischen dem Research Data Service Team und dem Sonderforschungsbereich Extinktionslernen ein eigenes Tool entstanden, das allen Forschenden offensteht.

Ein eigenes System für das Forschungsdatenmanagement

Die Ruhr-Universität Bochum hat mit „RDMS“ in den vergangenen Jahren ein eigenes System für das Management von Forschungsdaten entwickelt – speziell ausgerichtet an den Bedürfnissen von Anwenderinnen und Anwendern.

Was macht am meisten Spaß am Forschungsdatenmanagement?
Die Arbeit mit den Forschenden! Hierbei ergeben sich täglich neue Herausforderungen. Wenn man etwas plant, sei es eine Datenstruktur oder eine Softwarelösung, und sie dann funktioniert und genutzt wird, macht das natürlich Spaß. Mir gefällt auch, dass ich immer noch nah an der Forschung sein darf. Ich war Postdoktorand am Lehrstuhl für thermische Turbomaschinen und Flugtriebwerke und bin heute bei IT.SERVICES angestellt. Schon während meiner Forschungstätigkeiten habe ich Promovierende zum nachhaltigen Umgang mit Daten beraten und war häufig für den IT-Teil von Projekten mitverantwortlich. In meiner jetzigen Tätigkeit lerne ich das gesamte Spektrum der Forschung der Ruhr-Universität kennen.

Haben Sie denn immer noch eine Anbindung an Ihren alten Arbeitsbereich?
Als Data Steward bin ich derzeit speziell für die beiden Sonderforschungsbereiche „Bulk Reaction“ und „Cosmic Interacting Matters“ zuständig. Der Transregio „Bulk Reaction“ ist unter anderem im Maschinenbau angesiedelt und somit nah an meinem ehemaligen Forschungsgebiet. Der Sonderforschungsbereich „Cosmic Interacting Matters“ aus der Physik und Astronomie verbindet die Teilgebiete Astro-, Plasma-, Astroteilchen- und Teilchenphysik. Dort gibt es für mich noch viel Neues zu entdecken.

Können auch Forschende aus anderen Bereichen auf Sie zukommen, wenn Sie Fragen zum Forschungsdatenmanagement haben?
Die erste Anlaufstelle bei Fragen ist das Research Data Services Team der Ruhr-Universität (ehemals AG Forschungsdatenmanagement). Im Team besprechen wir dann, wer am besten welche Anliegen betreuen kann. Teilweise habe ich daher auch mit anderen Forschungsdisziplinen, über die beiden Sonderforschungsbereiche hinaus, zu tun, diese sind aber mein Schwerpunkt.

Tauschen Sie sich auch über das Research Data Services Team hinaus mit anderen Data Stewards aus?
Mit einigen anderen, die sich an der Ruhr-Universität mit dem Thema Forschungsdatenmanagement befassen, gibt es bereits Austausch. Langfristig möchten wir ein Forschungsdatenmanagement-Netzwerk an der Ruhr-Universität etablieren, um Beteiligte und Interessierte zu verbinden und einen Austausch zu ermöglichen. Dazu möchten wir Data Stewards, Science-Managerinnen und -Manager in Exzellenzclustern, Sonderforschungsbereichen, Graduiertenkollegs und Instituten, aber auch weitere interessierte Forschende ansprechen. Wer Interesse an einer Teilnahme hat, darf sich gerne für die Mailingliste anmelden.

In Zukunft wollen wir uns noch weiter vernetzen.

Über die RUB hinaus gibt es einen regelmäßigen Austausch mit den Partnerinnen und Partnern der Universitätsallianz Ruhr. In Zukunft wollen wir uns noch weiter vernetzen, denn letztendlich stehen alle vor ähnlichen Herausforderungen.

Veröffentlicht

Mittwoch
11. Oktober 2023
09:16 Uhr

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