Trotz Vollzeitjob im Ehrenamt: Jelena Jojevic setzt sich für benachteiligte Kinder ein. © RUB, Kramer

Ehrenamt Nicht meckern, sondern machen!

Manchmal kann eine kleine Begegnung etwas Großes bewirken. Bei Jelena Jojevic ist daraus ein eigener Verein entstanden.

Talentscout Jelena Jojevic arbeitet nicht nur im Beruf mit Kindern und Jugendlichen zusammen. Sie engagiert sich auch in ihrer Freizeit ehrenamtlich für sie. Wie sie dazu gekommen ist, erzählt Jojevic im Interview.

Sie engagieren sich für den Verein „Need for feed“. Was machen Sie dort?
Das ist ein Bochumer Verein für Kinder und Jugendliche. Ziel ist es, benachteiligte Kinder oder Kinder, die von Armut gefährdet sind, zu unterstützen – mit Hausaufgabenbetreuung, Freizeitaktivitäten und einem wöchentlichen Mittagstisch.

Sie sind sogar Gründungs- und Vorstandsmitglied. Wieso haben Sie den Verein ins Leben gerufen?
Die anderen Gründungsmitglieder und ich haben alle im sozialen Bereich studiert oder waren darin schon tätig. Während des Studiums haben wir unterschiedliche Erfahrungen gemacht, die uns auf die Idee für den Verein gebracht haben.

Ich zum Beispiel habe in einer Grundschule ein Praktikum absolviert. Dort lernte ich einen Schüler kennen, der jeden Tag zu spät zum Unterricht kam. Außerdem hatte er nie etwas zu essen mit. Sein Hunger führte dazu, dass er unkonzentriert im Unterricht saß.

In Absprache mit der Mutter kochte ich regelmäßig mit dem Jungen und half ihm bei den Hausaufgaben. Dabei kam auch heraus, dass er gar nicht wusste, dass die Bahn, mit der er zur Schule fährt, einen festen Fahrplan hat und jeden Morgen zur gleichen Zeit bei ihm losfährt. Zusammen strukturierten wir seinen Morgen. Das hat ihm geholfen, sich nicht mehr zu verspäten. Um etwas Positives im Leben des Jungen zu bewirken, habe ich gar nicht viel Zeit aufgewendet. Aber es war effektiv.

Daraus ist die Idee für den Verein entstanden?
Ja, weil jeder von uns aus irgendeinem Zusammenhang solche Kinder kannte. Ich habe mich mit den anderen Gründungsmitgliedern über solche Erfahrungen ausgetauscht. Drei Freunde waren sehr pragmatisch. Sie meinten: „Lasst uns etwas dagegen machen!“ 2011 haben wir den Verein gegründet.

Wir haben nicht mit der Bürokratie gerechnet.

Wie lief das ab?
Wir haben bei null angefangen und uns als Laien in alles eingearbeitet. Zunächst haben wir Räumlichkeiten gesucht, um so etwas wie ein Jugendzentrum aufzumachen. Es hat sehr lange gedauert, bis wir unsere jetzigen Räume in Betrieb nehmen durften. Wir haben nicht mit der Bürokratie gerechnet. Während der Wartezeit sind wir in anderen Vereinen aktiv gewesen und haben uns mit ihnen vernetzt.

Anfang 2016 durften wir unsere Räume in Bochum-Hamme eröffnen. Endlich. Dort bieten wir jetzt samstags einen Mittagstisch, Hausaufgabenbetreuung und andere Programmpunkte an. Inzwischen haben wir auch an vielen Donnerstagnachmittagen geöffnet.

Wie geht es mit dem Verein weiter?
Unser Plan ist es, 2017 mindestens einen Tag unter der Woche auch mittags aufmachen zu können. Wir haben nur ein Problem: Die meisten Vereinsmitglieder sind keine Studierenden mehr. Weil wir alle berufstätig sind, haben wir meist nur am Wochenende Zeit. Uns fehlen Ehrenamtliche, um das Angebot auszuweiten.

Welchen Stellenwert hat das Ehrenamt in Ihrem Leben?
Das hat einen recht hohen Stellenwert. Das schlechte Gefühl, das gesellschaftliche oder politische Missstände hervorrufen, kann man mit der ehrenamtlichen Arbeit bekämpfen. Man hat eine Möglichkeit, etwas dagegen zu tun. Und das ist besser, als nur Dinge anzuprangern. So kann man versuchen, seinen Beitrag zu leisten und etwas zu verändern.

Natürlich gibt es Momente, in denen man mal nicht idealistisch denkt und einfach einen Samstag freihaben möchte. Das Ehrenamt ist eben ein Zeitfresser.

Wussten Sie schon, dass …

der Verein „Need for feed“ nach weiteren Unterstützerinnen und Unterstützern sucht? Wer sich für Kinder in Bochum engagieren möchte, kann sich per E-Mail oder über die Internetseite informieren.

Wie schaffen Sie es, trotz der Arbeit Zeit dafür aufzubringen?
Ich versuche, Freunde und Familie einzubinden. Zum Beispiel lade ich meine Mama in unsere Vereinsräume ein. Sie macht bei den Aktionen mit, und ich habe das Familientreffen in der Woche erledigt.

Und die ganze Organisation?
Ich sammele unter der Woche meine To-dos und arbeite die am Wochenende ab. Außerdem muss man nicht immer das Rad neu erfinden. Oft haben andere Vereine schon Erfahrungen in der Umsetzung bestimmter Sachen. Ich hole mir an vielen Stellen Rat. Das spart auch Zeit.

Was ist notwendig, damit ein Ehrenamt gut funktioniert?
Wichtig ist die eigene Motivation. Die Initialzündung für das Ehrenamt muss von einem selbst kommen. Und dann hängt es auch vom Verein ab. Wenn sich jemand interessiert und neu dazukommt, ist das erst einmal eine unangenehme Situation für die Person, weil sie niemanden kennt. Ich finde es wichtig, Interessierte herzlich zu empfangen und einzuführen.

Ich denke dann nicht, dass ich die Welt gerettet habe.

Worauf sollte man noch vorbereitet sein?
Ich möchte zum Beispiel alle meine Ideen am liebsten sofort umsetzen. Das geht aber nicht, weil Zeit und Geld dafür notwendig sind. Ich muss mich also in Geduld üben. Manchmal muss man auch nachsichtig sein. Zum Beispiel, wenn etwas mal nicht hundertprozentig geklappt und man einen Flyer mit Rechtschreibfehler gedruckt hat. Dann ist das halt so.

Als Ehrenamtlicher geht man schon eine Verpflichtung ein, vor allem gegenüber den Kindern, aber es soll auch Spaß machen. Wenn man sich für den Verein engagiert, dann soll man danach nach Hause gehen und sagen: „Das war ein schöner Nachmittag.“

Was denken Sie, wenn Sie nach einem Samstag nach Hause gehen?
Die Samstage haben den Effekt, dass ich fröhlich bin. Das kommt von alleine. Ich denke dann nicht, dass ich die Welt gerettet habe. Aber auch nicht, dass ich Zeit verloren habe.

Mitmachen

Ein interessantes Ehrenamt, ein außergewöhnlicher Nebenjob oder ein spannendes Hobby: Wir wollen wissen, wer die Menschen sind, die über den RUB-Campus laufen. Was machen Sie, wenn sie nicht an der Uni arbeiten, studieren, lehren und lernen? Interesse, dabei zu sein? Einfach eine E-Mail an die Redaktion schreiben. Wir freuen uns!

Unveröffentlicht

Von

Katharina Gregor

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