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„Ein sehr wertvolles Geschenk“
Masterabsolvent Sebastian Zobel und Marc Fiebrandt vom Lehrstuhl Energiesysteme und Energiewirtschaft engagieren sich in der Hilfsorganisation Ingenieure ohne Grenzen. Sie haben an einem Projekt mitgearbeitet, bei dem eine Schule in Malawi mit Strom und Wasser versorgt wurde.
Wie sind Sie zu Ingenieure ohne Grenzen gekommen?
Fiebrandt: Wir Ingenieure haben das Glück, dass wir sehr wahrscheinlich später mal einen angenehmen Job bekommen werden. Ich habe mich gefragt, wie ich als Ingenieur auch etwas von meinem erlernten Wissen an die Gesellschaft zurückgeben kann. Vor dreieinhalb Jahren bin ich bei meiner Suche, wie ich mich ehrenamtlich engagieren kann, auf Ingenieure ohne Grenzen gestoßen.
Zobel: Bei mir war es ähnlich. Nachdem ich ein paar Semester studiert hatte, wollte ich etwas von dem Gelernten zurückgeben. Früher habe ich bei uns in der Gemeinde schon bei Zeltlagern oder als Schulsanitäter geholfen. Über meine Schwester, die mir von dem Verein Ärzte ohne Grenzen berichtete, bin ich auf Ingenieure ohne Grenzen gestoßen.
Wie hilft Ihnen Ihr Studium bei der Arbeit für die Hilfsorganisation?
Zobel: Wir können aus dem Studium unser Wissen aus den Bereichen Mechanik, Elektrotechnik und Strömungsmechanik einbringen. Und dann kommt das Wissen der anderen Organisationsmitglieder zum Beispiel aus den Bauingenieurwissenschaften oder dem Umweltressourcenmanagement hinzu.
Fiebrandt: Umgekehrt lernen wir bei unserer Arbeit bei Ingenieure ohne Grenzen, was es heißt, praktisch zu arbeiten. An der Uni muss man immer die bestmögliche Lösung finden und ist detail- und technikorientiert. Dann kommt man in Malawi an und merkt, dass die modernste und filigrane Technik gar nicht die beste Lösung ist, weil es robust und einfach sein muss. Die Menschen vor Ort müssen, meist ohne eine technische Ausbildung, die Anlagen warten können. So etwas lernt man im Studium nicht.
Wunderschön interdisziplinär.
Zobel: Außerdem bietet uns die Organisation Workshops zu ganz anderen Themen wie interkulturelle Kommunikation oder Probenentnahme und Analyse von Wasserproben an. Wunderschön interdisziplinär.
Fiebrandt: Ich finde diese Interdisziplinarität auch wichtig, weil eine Gruppe von Ingenieuren vermutlich ausschließlich die Technik im Blick hätte. Wir haben aber zum Beispiel auch einen Theologen im Verein. Wir brauchen den Blick für die Menschen, für die Kultur und das Land, um die Probleme der Leute zu verstehen und ihnen respektvoll gegenüber zu treten.
Herr Zobel, Sie waren im September 2014 bei der ersten Erkundungsreise für das Projekt in Malawi. Was haben Sie erlebt?
Zobel: Für mich war es die erste Reise außerhalb Europas. Wir waren am Ende der Trockenzeit in Malawi, um uns ein Bild von der Wasserversorgung im Land zu machen. Wir kamen in der Hauptstadt an und haben den Markt erkundet: mit Marktständen aus Bambus- und Holzstäben. Alles ist voll mit Menschen und mit rotem Sandstaub, der sich überall niedersetzt. Es werden Waren verkauft, von Elektronik und Kleidung bis hin zu Lebensmitteln wie selbst geschnittenen Pommes und auf Astgabeln luftgetrockneten Mäusen.
Direkt daneben ist das Finanz- und Regierungsviertel, das mit hohen Mauern abgeschottet ist und wo Wasser zum Gießen des Rasens genutzt wird. Das sind zwei Welten. All diese Eindrücke musste ich als Europäer auf mich wirken lassen und mich dann wieder auf unser Projekt konzentrieren. Das ist nicht ganz einfach.

2012 entstand die Projektidee, für Schulen in Malawi die Wasserinfrastruktur und Elektrizität zu verbessern. Es ging um eine Grundschule und eine weiterführende Schule in einer ländlichen Region mitten in Zentral-Malawi, etwa 100 km von der Hauptstadt entfernt.
Dort mussten die Menschen, auch die Schulkinder, zum Wasserholen eine Pumpe außerhalb des Dorfes aufsuchen. An der Pumpe standen sie oft mehrere Stunden an, bevor sie den Weg nach Hause antreten konnten. Um die körperliche Belastung der Wasserholenden zu reduzieren, sodass vor allem die Kinder und Lehrer am Unterricht teilnehmen können, wollten wir die Wasserversorgung der Schulen sicherstellen.
Fiebrandt: Durch die Wasser- und Stromversorgung der Schulen können wir nicht nur eine einzige Familie unterstützen, sondern die gesamte Lehre in dem Dorf verbessern – alle profitieren. In Zusammenarbeit mit den Lehrern und den Schulverantwortlichen haben wir die beste Lösung zur Wasserversorgung entwickelt: eine Pumpe in unmittelbarer Nähe der Schule.

Unsere Fotovoltaikanlagen sollen zudem Strom in die Schulen bringen, damit die Kinder abends, wenn es dunkel ist, noch in der Schule lernen können. Tagsüber müssen einige von ihnen auf dem Feld aushelfen. Generell ist das Projekt also dahingehend ausgelegt, dass es die Schulbildung mit infrastrukturellen Maßnahmen in dem Dorf verbessern soll.
Zobel: Die Leute vor Ort waren sehr glücklich über die Zusammenarbeit mit uns. Im Herbst 2016 haben unsere Kollegen das Projekt bei einem vierwöchigen Aufenthalt in Malawi abgeschlossen. Zum Abschied haben sie ein Huhn bekommen. Das ist dort ein sehr wertvolles Geschenk.
Herr Zobel, was war für Sie das tollste Erlebnis?
Zobel: Wir wurden herzlich empfangen und selbst, wenn wir uns teilweise verbal nicht oder nur schwer verständigen konnten, haben wir beispielsweise zusammen Bao gespielt, ein ähnliches Spiel wie Backgammon. Das war immer ein Lacher, und wir hatten sofort eine Verbindung.
Die Menschen in Malawi sind sehr herzenswarm. Wir haben heute noch Kontakt zu vielen von ihnen, selbst zu denen, die wir nur flüchtig kennengelernt hatten, unter anderem einen Taxifahrer. Das ist klasse.
Herr Fiebrandt, bekommen Sie bei diesen Erzählungen auch Lust?
Fiebrandt: Ja, auch wenn es viel Vorbereitung und sehr anstrengend ist: Irgendwann möchte ich auch mal reisen.
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12. April 2017
10.25 Uhr