Melina Loschen engagiert sich gleich mehrfach für Flüchtlinge. © RUB, Kramer

Deutschstunde Starthilfe für studieninteressierte Flüchtlinge

Eigentlich hat Melina Loschen nur ein Praktikum absolvieren wollen. Doch nun bereitet ihr der Deutschunterricht für Flüchtlinge so viel Freude, dass sie ehrenamtlich weitermacht.

Melina Loschen ist eine von rund 20 ehrenamtlichen Deutschkursleiterinnen und -leitern an der RUB. Die 24-jährige Studentin der Germanistik und Komparatistik unterrichtet während des Semesters zweimal wöchentlich studieninteressierte Flüchtlinge. Arne Dessaul sprach mit ihr über diese ganz besonderen Deutschstunden.

Frau Loschen, seit wann sind Sie ehrenamtliche Deutschkursleiterin?
Seit dem Wintersemester 2016/2017. Ich unterrichte allerdings schon länger im Verein Café Eden Deutsch für Flüchtlinge. Der Verein, dessen Vorsitzende ich zurzeit bin, bietet ein Sprachcafé an der Herner Straße an.

Wie sind Sie auf die Kurse an der RUB aufmerksam geworden?
Über den Optionalbereich. Ich wollte ein Praktikum auf dem Gebiet Deutsch als Fremdsprache absolvieren, weil ich später in diesem Bereich arbeiten möchte. Das Praktikum ist nun vorbei, und ich mache ehrenamtlich weiter.

Es ist eine sehr dankbare Zielgruppe.

Aha, und warum?
Zum einen möchte ich noch mehr Erfahrungen sammeln. Zum anderen macht mir die Arbeit enorm viel Spaß. Es ist eine sehr dankbare Zielgruppe. Alle wollen unbedingt Deutsch lernen, weil sie anschließend studieren möchten. Außerdem sind meine Teilnehmerinnen und Teilnehmer, hauptsächlich sind es Teilnehmer, in der Regel schon seit mindestens einem Jahr in Deutschland. Sie haben bereits angefangen, Deutsch zu lernen. Ich muss also nicht bei null beginnen.

Wie oft findet der Unterricht statt?
Zweimal in der Woche je vier Stunden.

Wo wird unterrichtet?
Das ist ganz unterschiedlich. Praktisch überall auf dem Campus, wo gerade ein Seminarraum frei ist.

Die meisten stammen aus Syrien.

Wie viel Zeit verbringen Sie insgesamt mit Ihrem Ehrenamt, also einschließlich Vor- und Nachbereitung?
Im Wintersemester, also während des Praktikums, waren es zwischen zehn und 15 Stunden. Wie es jetzt im Sommersemester sein wird, weiß ich noch nicht genau. Im Gegensatz zum Praktikum, wo wir immer zu zweit unterrichtet haben, mache ich es nun allein. Vielleicht muss ich dadurch etwas mehr Zeit einbringen.

Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer sitzen in Ihren Kursen?
Etwa 20.

Aus welchen Ländern stammen sie?
Die meisten stammen aus Syrien, der Rest verteilt sich auf Irak, Iran und Afghanistan.

Überhaupt bekommt man so viel Dankbarkeit.

Wollen Ihre Teilnehmer anschließend alle an der RUB studieren?
Die meisten. Es hängt zum Teil auch davon ab, was sie studieren möchten und welchen Abschluss sie anstreben. Viele haben in ihrer Heimat einen Bachelor erworben und möchten jetzt einen Master machen.

Verfolgen Sie den weiteren Weg Ihrer Kursteilnehmer?
Ja, der Kontakt bleibt bestehen. Beinahe alle wechseln nach meinem Kurs in die nächste Stufe, das heißt in die von ausgebildetem Personal geleiteten Kurse des Bereichs Deutsch als Fremdsprache mit 20 Unterrichtsstunden pro Woche. Am Ende dieses Kurses wartet dann die als „TestDaf“ beziehungsweise „Test Deutsch als Fremdsprache“ bekannte Sprachprüfung, die hoffentlich alle bestehen werden.

Was war bisher Ihr schönstes Erlebnis in den Kursen?
Da gibt es viele. Ich denke da zum Beispiel an die Feierstunde für die ehrenamtlichen Kursleiter mit dem Rektor. Alle Teilnehmer waren da und haben ihren Lehrern lautstark applaudiert. Überhaupt bekommt man so viel Dankbarkeit von ihnen – manchmal sogar mehr, als man verkraftet. Generell wird man schnell von den Teilnehmern in ihr Leben miteinbezogen und geht schon einmal zu einer Hochzeit oder Familienzusammenführung.

Die äußeren Umstände sind nicht immer auf unserer Seite.

Haben Sie auch schon eine schlechte Erfahrung gemacht?
Die äußeren Umstände sind nicht immer auf unserer Seite. Vor allem bei den syrischen Teilnehmern kommt es immer wieder zu Todesfällen in der Heimat. Andere warten vergeblich auf den Nachzug ihrer Familie. Manche werden abgeschoben. Es ist mehr als verständlich, dass sich solche Ereignisse auf den Unterricht auswirken können. Teilnehmer kommen gar nicht oder sind mit ihren Gedanken woanders.

In einem Satz: Warum sollten auch Ihre Mitstudierenden ehrenamtliche Deutschkursleiter werden?
Solch eine Möglichkeit, andern zu helfen und selbst wichtige Erfahrungen zu sammeln, bekommt man so schnell nicht wieder.

Mitmachen

Ein interessantes Ehrenamt, ein außergewöhnlicher Nebenjob oder ein spannendes Hobby: Wir wollen wissen, wer die Menschen sind, die über den RUB-Campus laufen. Was machen sie, wenn sie nicht an der Uni arbeiten, studieren, lehren und lernen? Interesse, dabei zu sein? Einfach eine E-Mail an die Redaktion schreiben. Wir freuen uns!

Unveröffentlicht

Von

Arne Dessaul

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