Interview Mit vielen Plänen in den Ruhestand
Thomas Feltes spricht darüber, wie sich ein Weiterbildungsstudiengang in der Kriminologie entwickelt hat, über motivierte Studierende und das, was nach seiner Zeit an der RUB kommt.
Prof. Dr. Thomas Feltes schaut kurz vor seinem Ruhestand auf seine Zeit an der RUB zurück, darauf, wie sich der Studiengang Kriminologie, Kriminalistik und Polizeiwissenschaft dort entwickelt hat und was er nach der RUB noch alles vorhat.
Seit 2002 sind Sie an der Juristischen Fakultät der RUB tätig. Warum haben Sie sich für den Weg an die RUB entschieden?
Ich war zuvor zehn Jahre Rektor einer Polizeihochschule in Baden-Württemberg. Mir fehlte dort die Möglichkeit des universitären, akademischen Arbeitens. Deshalb suchte ich den Weg zurück an die Universität. Die Kriminologie in Bochum war schon damals bundesweit durch meinen Vorgänger, Prof. Dr. Hans-Dieter Schwind, bekannt.
Sie haben dann auch direkt angefangen, einen neuen, weiterbildenden Masterstudiengang aufzubauen. Wie ist die Idee dazu entstanden?
Die Idee war, Kriminologie und Polizeiwissenschaft als eigenständigen Studiengang anzubieten. Das Prinzip der Weiterbildungsstudiengänge für Berufserfahrene faszinierte mich wegen der damit verbundenen didaktischen und inhaltlichen Voraussetzungen. 2005 wurde der Studiengang akkreditiert.
Am Anfang war der Studiengang noch als Präsenzstudium konzipiert. Damit erreichten wir als juristische Fakultät aber gerade diejenigen nicht, die wir haben wollten. Nämlich die Berufserfahrenen. Deshalb änderten wir das Konzept und es entstand ein Fernstudium, kurze Zeit später ein Blended-Learning-Studium als Kombination aus Online- und Präsenzlehre.
Wie genau sah der Weg zum Blended-Learning-Studium aus?
Ich habe von Anfang an Videoaufzeichnungen meiner Vorlesungen in der Lehre eingesetzt. In Verbindung mit E-Learning ist es möglich, sowohl Präsenzstudierende als auch Studierende in Weiterbildungsstudiengängen deutlich besser zu unterstützen als durch eine Frontallehre im Hörsaal. So können zum Beispiel Polizeibeamtinnen und -beamte, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie andere Berufserfahrene, die sich mit Kriminalität beschäftigen, in ihrer Freizeit viel intensiver Lehrunterlagen studieren und mit Dozierenden und Mitstudierenden über das Diskussionsforum kommunizieren.
Inzwischen läuft der 15. Jahrgang. Wie hat sich der Studiengang entwickelt?
Er ist ein bundesweit bekanntes und anerkanntes Erfolgsmodell. 2005 haben wir mit 20 Studienplätzen begonnen. Zuletzt konnten wir 75 Studienplätze besetzen. Dafür haben wir fast 300 Bewerbungen erhalten.
Inzwischen gibt es zudem für die besten Absolventinnen und Absolventen eines Jahrgangs die Möglichkeit, im Anschluss an den Weiterbildungsstudiengang zu promovieren. Diese Chance wird vor allem von denen sehr geschätzt, die über Umwege zum Studium gekommen sind.
Die Rückmeldungen der Studierenden und aus der Praxis sind überaus positiv.
Das Angebot wird also sehr gut angenommen.
Die Rückmeldungen der Studierenden und aus der Praxis sind überaus positiv. Die Studierenden haben den Wunsch, sich mit ihren beruflichen Erfahrungen weiterzubilden, noch einmal etwas für sich persönlich, aber auch für ihren beruflichen Werdegang zu tun. Egal, ob Mitte 20 oder Mitte 60, sie sind alle hoch motiviert.
Was nehmen Sie davon mit?
Dankbarkeit und ein positives, teilweise sehr persönliches Feedback von den Studierenden. So hat mir ein Absolvent letztens geschrieben, dass er mit dem Studienangebot als Arbeiterkind und Erster in der Familie studieren konnte und der RUB für diese Möglichkeit dankbar sei. Außerdem habe der Studiengang ihm geholfen, mit der steigenden Komplexität im Berufsalltag besser umzugehen.
Das hört sich nach einem sehr persönlichen Feedback an.
Man bekommt bei Studierenden, die bereits im Beruf stehen, alle Höhen und Tiefen des Lebens ganz nah mit. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versuchen, gemeinsam mit der Leitung des Studienganges Studierende auch in persönlich schwierigen Situationen so zu unterstützen, damit sie das schaffen, was sie sich vorgenommen haben.
Bei der jährlichen Abschlussfeier merke ich immer wieder, dass dieser Abschluss etwas ganz Besonderes für unsere Studierenden ist. Sie haben zwei Jahre lang fast ihre gesamte freie Zeit neben dem Beruf geopfert und sind stolz auf das, was sie geschafft haben.
Wir vom Lehrstuhl feiern diesen Moment angemessen mit ihnen und ihren Angehörigen, die sie unterstützt haben. Dazu laden wir jedes Mal auch einen Gastredner ein, der noch einmal etwas zum Nachdenken mit auf den weiteren beruflichen und persönlichen Lebensweg gibt. Und am Ende entstehen dann die inzwischen sehr begehrten Abschlussbilder mit Roben und fliegenden Hüten.
Der Wissenschaft und den Medien werde ich als kritischer Geist erhalten bleiben.
Ab Ende Juli 2019 beginnt für Sie der Ruhestand. Was nehmen Sie sich vor?
Ich hatte das große Glück, meinem Nachfolger Tobias Singelnstein fast drei Jahre lang den Lehrstuhl und den Masterstudiengang in Ruhe übergeben zu können. Der Wissenschaft und den Medien werde ich als kritischer Geist erhalten bleiben und je nach Interesse auch weiterhin lehren. Aber es gibt auch anderes, das mich interessiert.
Zum Beispiel?
Ich bin für Deutschland Vertreter in der Antifolterkommission des Europarates. Außerdem habe ich angefangen, als Strafverteidiger zu arbeiten, und finde es spannend, Polizeiwissenschaft und angewandte Kriminologie zu verbinden. Außerdem bin ich Vorsitzender der Stadionverbotskommission des VfL Bochum. Das macht mir alles viel Spaß. Insgesamt werde ich aber ein wenig kürzertreten und auch einmal richtig Urlaub machen.
Genießen Sie den! Alles Gute für Ihren Ruhestand!