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Sigrid Elsenbruch will Schmerz besser verstehen.
© RUB, Kramer

Medizin Sigrid Elsenbruch will Bauchschmerz besser verstehen

Warum man Darm und Gehirn nicht getrennt voneinander betrachten kann.

Prof. Dr. Sigrid Elsenbruch hat am 1. April 2020 die Leitung der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie übernommen. Ihr Forschungsschwerpunkt sind Schmerzen, deren Verarbeitung und Wechselwirkungen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Bauchschmerzen. „Solche sogenannten viszeralen Schmerzen, die im Innern des Körpers entstehen und nicht durch äußere Reize hervorgerufen werden, verändern unmittelbar das Verhalten, indem sie zum Beispiel dazu führen, dass wir uns zurückziehen und eine Schonhaltung einnehmen“, verdeutlicht sie. Auch bedeutet diese Art von Schmerz Stress für die Betroffenen. Stress wiederum kann Schmerz verstärken, sodass ein Teufelskreis entsteht.

Die Beschwerden sind schambesetzt

„Schätzungsweise elf Prozent der Bevölkerung, darunter viele Kinder und Jugendliche, sind von chronischen viszeralen Schmerzen betroffen, die zum Beispiel mit dem Reizdarmsyndrom einhergehen“, erklärt die Psychologin. „Da die Beschwerden wie Durchfall oder Verstopfung mit Scham besetzt sind, spricht man nicht gern darüber, und es ist auch unklar, wer der richtige medizinische Ansprechpartner ist.“ Patientinnen und Patienten sehen sich mitunter mit pauschalen Tipps wie „reduzieren Sie Ihren Stress“ abgespeist, die nicht hilfreich sind.

Um den Mechanismen auf die Spur zu kommen, die hinter solchen Schmerzen stecken, betrachtet Sigrid Elsenbruch mit ihrem Team das Zusammenspiel der Nervenzellen in Darm und Gehirn und sucht unter anderem nach Besonderheiten der Verarbeitung von Reizen aus dem Körperinnern im Gehirn. „Versuche haben zum Beispiel gezeigt, dass Lernprozesse, die über unangenehme Wahrnehmungen aus dem Körperinneren vermittelt werden, viel schneller ablaufen als andere. Das hat damit zu tun, dass darin ein evolutionärer Vorteil liegt: Wer einmal eine falsche Beere gegessen hat und dadurch Übelkeit bekommt, sollte das möglichst kein zweites Mal tun.“

In der Forschung bisher vernachlässigt

Ihre Arbeit, bei der es um die Erforschung der Grundlagen von Störungen der Gehirn-Darmachse geht, sollen auch dazu beitragen, die Wirkung von Therapiemaßnahmen besser zu verstehen und die therapeutischen Möglichkeiten zu verbessern. „Angesichts der hohen Zahlen von Betroffenen ist das Thema in der Forschung bisher vernachlässigt – das spornt mich an“, sagt die Wissenschaftlerin, die als eine von nur wenigen in Deutschland einen experimentellen Ansatz bei der Erforschung viszeraler Schmerzen verfolgt.

An der RUB gehört Sigrid Elsenbruchs Lehrstuhl der Campusmedizin an und gestaltet somit den vorklinischen Abschnitt des Medizinstudiums mit. Sie ist unter anderem eingebunden in den Sonderforschungsbereich 1280 „Extinktionslernen“.

Zur Person

Sigrid Elsenbruch promovierte in Biologischer Psychologie am Health Sciences Center der University of Oklahoma (USA) mit psychophysiologischen Forschungsarbeiten zur Rolle von Stress bei chronischen viszeralen Schmerzen. Sie setzte ihre Forschungsarbeiten zum viszeralen Schmerz an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen am Institut für Medizinische Psychologie fort, wo sie 2004 habilitiert wurde. Zwischen 2009 und 2014 wurde sie im Heisenberg-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.

Ab 2011 bis zu ihrem Ruf an die RUB war sie Professorin für Experimentelle Psychobiologie unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Aspekte an der Universität Duisburg-Essen und forschte am Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensimmunbiologie mit ihrer Arbeitsgruppe zu biologischen und psychologischen Aspekten der Gehirn-Darmachse im Kontext viszeraler Schmerzen.

Veröffentlicht

Freitag
03. April 2020
09:21 Uhr

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