Kunstgeschichte Annette Urban erforscht virtuelle Kunstwerke
Die Kunsthistorikerin widmet sich dem Ausbau des Arbeitsfeldes Kunst und digitale Medien. Dafür findet sie in der Region optimale Arbeitsbedingen vor.
Virtuelle Welten, Installationen und Kunstwerke haben etwas Flüchtiges: Datenbrille auf, eine Welt oder einen Raum begehen, sehen, erleben, und das war es dann? Nein, sagt die Kunsthistorikerin Prof. Dr. Annette Urban, darin verberge sich ein spannendes Forschungsfeld. Innerhalb des noch jungen Sonderforschungsbereichs (SFB) „Virtuelle Lebenswelten“ leitet sie das Teilprojekt Virtuelle Kunst. Das Kunsthistorische Institut der Ruhr-Universität Bochum verstärkt sie seit Beginn des Jahres 2023 mit ihrer Professur Kunstgeschichte der Moderne und Gegenwart mit dem Schwerpunkt Neue Medien. Zuvor war sie Juniorprofessorin am Institut. Der Ruhr-Universität und der gesamten Region ist sie eng verbunden.
Mit klarer Kontur gewinnt Bochum einen Schwerpunkt Kunst und digitale Medien hinzu.
Annette Urban
Mit ihrer Arbeit und ihren vielfältigen Netzwerken leistet Annette Urban ihren Beitrag dazu, in der Bochumer Kunstgeschichte das spezifische Moderne-Profil zu schärfen. „Mit klarer Kontur gewinnt Bochum einen Schwerpunkt Kunst und digitale Medien hinzu und grenzt sich ab gegenüber anderen deutschsprachigen Instituten, die eine Digital Art History mit vorwiegend quantitativen Methoden bestreiten“, sagt sie. „Am Standort Bochum habe ich hervorragende Arbeitsbedingungen – unter anderem durch enge Beziehungen zum Institut für Medienwissenschaft, aber auch zur Geschichtswissenschaft, insbesondere Public History, zur Arbeitswissenschaft und Neugermanistik.“
Ergänzt werden diese fachübergreifenden Ansätze um Kooperationen mit externen Einrichtungen, beispielsweise mit der Zeche Zollverein und dem KWI in Essen, dem Dortmunder U, dem NRW-Forum und den Kunstsammlungen K21 in Düsseldorf oder der Kunsthochschule für Medien und dem Museum Ludwig in Köln.
Datenbrillengestützte Kunstwerke
Im Mittelpunkt ihres Forschungsinteresses stehen aktuell VR-Kunstwerke: datenbrillengestützte Kunstwerke in Virtual Reality (VR). Sie fragt danach, welche Rolle Kunst in VR spielt und wie Künstlerinnen und Künstler mit VR umgehen – zumal digitale Technik und virtuelle Welten längst Teil des alltäglichen Lebens geworden sind. „Grundlegend für meinen Ansatz ist es, künstlerische Zugriffe auf solche sozio-technischen Medien-Gefüge als ästhetische Strategie zu begreifen“, erläutert Urban.
Ihre Arbeit mit künstlerischen Artefakten und Projekten ist besonders werknah, betont die Forscherin, integriert fachübergreifend aber auch Ansätze aus Digital Studies, Raumforschung, Stadtsoziologie, Human-Computer-Interaction Studies und Netzfeminismus.
Diese virtuellen und digitalen Kunstformen muss man erfahren.
Annette Urban
Einen zentralen Stellenwert nimmt dabei die Erfahrbarkeit der Kunst ein. So ist beispielsweise in Zusammenarbeit mit den Medienwissenschaften ein Virtual Artist Lab ins Leben gerufen worden, um regelmäßig Künstlerinnen und Künstler nach Bochum einzuladen, die ihre Kunstwerke präsentieren und erklären – quasi „live“. „Bei der Malerei muss man auch mal das Original sehen, aber hier ist das erst recht essenziell: Diese virtuellen Umgebungen und ihren Interaktionsmodus muss man nicht zuletzt körperlich erfahren und selbst austesten, sonst weiß man nur, was man laut Konzeption erfahren können soll“, sagt Urban. „Wir experimentieren zum Beispiel mit der virtuellen Anwendung des Monats und sorgen so für einen unmittelbaren interdisziplinären Austausch über die Erfahrung mit künstlerischen und nicht-künstlerischen VR-Experiences.“
Industrielles Erbe und neue Kunstformen
Für den Aufbau eines Arbeits- und Lehrschwerpunkts Kunst und digitale Medien am Kunstgeschichtlichen Institut sieht die Wissenschaftlerin ideale gewachsene Voraussetzungen. „Das industrielle Erbe und neue Kunstformen passen bestens zusammen, gerade in dieser Region und an dieser Universität, wo die Kunstgeschichte unter Max Imdahl schon früh einen Schwerpunkt in zeitgenössischer Kunst setzte und wo sich künstlerische Ausbildungsstätten immer schon den jeweils neuesten Medien zugewendet haben. In dieser Hinsicht ist es auch für meine Forschung sehr gewinnbringend, moderne digitale Technik mit etablierten Kunstarten, etwa mit der Malerei, Skulptur oder Fotografie, in Verbindung zu betrachten.“