Serie Neu ernannt
Prof. Dr. Ines Mulder hat seit April 2024 die Professur für Bodenkunde und Bodenressourcen an der Ruhr-Universität Bochum inne.
© RUB, Marquard

Geographie Ines Mulder möchte das Bewusstsein für unsere Böden stärken

Die Böden unserer Erde sind eine endliche Ressource. Ines Mulder möchte ihre vielfältigen Eigenschaften und Funktionen interdisziplinär analysieren – und bewahren.

„Böden haben eine enorm wichtige Stellung im Ökosystem. Denken wir zum Beispiel an den Kohlenstoffkreislauf. 80 Prozent der organischen Kohlenstoffvorräte, die daran teilnehmen, sind in Böden gebunden“, hebt Ines Mulder hervor. Die Bodenkundlerin bekleidet ab April 2024 die Professur für Bodenkunde und Bodenressourcen am Geographischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. „Vielen ist nicht bewusst, welche Rolle der Boden für die Menschheit und ihr Überleben spielt“, so Mulder. Die Wissenschaftlerin möchte dieses Bewusstsein schärfen. „Der Boden ist keine erneuerbare Ressource. Die Zukunft unserer Gesellschaft hängt von der Beschaffenheit unserer Böden ab. Wir müssen sie schützen und erhalten.“

Nährstoffdynamiken verstehen

In ihrer Forschung interessiert sich die Bodenkundlerin vor allem für die Nährstoffdynamiken und mineral-organischen Interaktionen in Böden, ihre Funktion im Kohlenstoffkreislauf sowie ihr regulierendes Filter-und-Puffer-Vermögen. Welche Rolle spielen Böden bei der Freisetzung von Kohlenstoffen? Welche bei der Auswaschung von Nährstoffen oder der Bekämpfung von Schadstoffen?

Schadstoffe nachweisen

Mit letzteren, den Schadstoffen, insbesondere solchen wie sie in Desinfektionsmitteln, aber auch Hautpflegeprodukten, Reinigungstüchern und Weichspülern vorkommen, befasst sich Mulder in einem ihrer Forschungsvorhaben. Darin möchte sie die Böden in der Umgebung Bochums auf das Vorkommen und die Auswirkungen von Desinfektionsmitteln, konkret von sogenannten Quartären Alkylammoniumverbindungen (QAAC) untersuchen.

Wir haben in mehr als 97 Prozent der von uns untersuchten Böden QAAC gefunden.


Ines Mulder

Ein ähnliches Projekt hat Mulder zuletzt in Gießen durchgeführt. Das Ergebnis dort? „Wir haben in mehr als 97 Prozent der von uns untersuchten Böden QAAC gefunden. Ob in Waldböden oder Flussauen: Überall haben wir teilweise hohe Konzentrationen von QAAC nachgewiesen“, so Mulder. Die Mittel seien nicht mehr aus den Böden herauszubekommen. Welche langfristigen Auswirkungen das für die Umwelt haben kann und was das für die Gesundheit von uns Menschen bedeutet, muss noch untersucht werden. „QAAC steht im Verdacht, ähnlich wie Antibiotika, die Bildung von Resistenzen gegen diese Wirkstoffe bei Mikroorganismen zu fördern.“

Die Folgen der Versiegelung

Künftig wird sich Mulder vermehrt auch der Rolle von Böden im urbanen Raum widmen und den Folgen, die etwa Erosion, Verschmutzung, Verdichtung oder auch die Versiegelung von Flächen mit sich bringen. Letztere ist besonders belastend für die Böden.

Pro Tag kommen 50 Hektar neue Siedlungs- und Verkehrsflächen hinzu.


Ines Mulder

„In Deutschland sind 45 Prozent der Siedlungs- und Verkehrsflächen versiegelt und Bodenfunktionen in diesen Bereichen faktisch ‚außer Betrieb‘ genommen. Pro Tag kommen 50 Hektar neue Siedlungs- und Verkehrsflächen hinzu. Das entspricht etwa einer Größe von siebzig Fußballfeldern“, berichtet Mulder. Damit fallen wertvolle Flächen weg, die zur Filterung unseres Grundwassers, zum Hochwasserschutz, zum Anbau von Nahrung, zur Kühlung oder auch zur Naherholung dienen könnten. „Ein Zielkonflikt, dem sich auch die Bundesregierung in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie widmet. Bis 2030 soll die Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlungen und Verkehr auf unter 30 Hektar pro Tag verringert werden“, weiß Mulder.

Fächerübergreifend forschen

An ihrem Forschungsgebiet fasziniert Mulder vor allem die Interdisziplinarität. „Der Boden ist ein interdisziplinäres Medium. Es gibt viele Schnittstellen, etwa zwischen dem Boden und der Biosphäre, der Atmosphäre oder der Hydrosphäre. Das macht Spaß und ist herausfordernd.“ Und so strebt die Wissenschaftlerin auch an der Ruhr-Universität die fachübergreifende Zusammenarbeit mit Forschenden aus der Geographie, den Geowissenschaften, der Mikrobiologie, der Medizin und Chemie an.

Das war wie ein Was-ist-Was-Buch zu lesen.


Ines Mulder

Neben dem Austausch mit Kolleg*innen anderer Disziplinen freut sich die Bodenkundlerin auch auf die Zeit mit ihren Studierenden und die Exkursionen. Mulder erinnert sich gern an ihre eigene Studienzeit zurück. „Ich fand damals so vieles spannend. Im Studium der Geowissenschaften hatte ich dann die Möglichkeit, sehr viel über unseren Planeten Erde zu erfahren. Das war wie ein Was-ist-Was-Buch zu lesen. Der Studiengang vereinte Wissen aus der Mathematik, der Geologie, der Biologie, der Chemie; wir waren im Labor und im Gelände unterwegs.“ Schon in der Grundlagenphase begeisterte sich Mulder schnell für die Bodenkunde. „Vor allem die winzigen Tonpartikel des Bodens, die man mit bloßem Auge nicht sehen kann, haben mich sofort fasziniert.“ Diese Faszination hält bis heute an.

Zur Person
  • 2001 bis 2004: Grundstudium der Geowissenschaften an der Universität Hannover
  • 2005 bis 2006: M. Sc. in Bodenkunde an der Texas A&M University
  • 2007 bis 2008: Entwicklungszusammenarbeit in Phnom Penh, Kambodscha
  • 2008 bis 2015: Promotion in der organischen Umweltgeochemie an der Universität Heidelberg
  • 2015 bis 2023: wissenschaftliche Mitarbeiterin und Dozentin am Institut für Bodenkunde und Bodenerhaltung der Justus-Liebig-Universität Gießen
  • Seit April 2024: Professur für Bodenkunde und Bodenressourcen an der Ruhr-Universität Bochum

Veröffentlicht

Donnerstag
02. Mai 2024
09:31 Uhr

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