Wie vergisst das Gehirn oder wie überschreibt es früher gelernte Gedächtnisinhalte? Unter anderem mit diesen Fragen beschäftigt sich der neue Sonderforschungsbereich.
© RUB, Marquard

Extinktionslernen Neuer Sonderforschungsbereich an der Ruhr-Universität Bochum

Lernen ist schwer. Vergessen ist manchmal noch schwerer. Beim Extinktionslernen werden Informationen nicht einfach im Gehirn gelöscht. Aber was passiert stattdessen?

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet einen neuen Sonderforschungsbereich (SFB) an der Ruhr-Universität Bochum ein. Das interdisziplinäre Team des SFB 1280 erforscht die Mechanismen des Extinktionslernens. Sprecher des Forschungsverbundes ist Prof. Dr. Dr. h. c. Onur Güntürkün von der Fakultät für Psychologie. Die DFG fördert den Sonderforschungsbereich von Juli 2017 an für zunächst vier Jahre.

Partner der Ruhr-Universität Bochum in dem SFB sind die Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen, das Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der Technischen Universität Dortmund sowie die Philipps-Universität Marburg. Die Universitäten Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen kooperieren seit zehn Jahren in der Universitätsallianz Ruhr. Das Bochumer Universitätsklinikum Bergmannsheil mit seiner exzellenten Infrastruktur in der Bildgebung ist ebenfalls essenziell für die erfolgreiche Forschung im neuen SFB.

„Ich beglückwünsche Onur Güntürkün zu diesem großartigen Erfolg, der dem außerordentlichen Engagement der beteiligten Forscherinnen und Forscher zu verdanken ist“, sagt der Bochumer Rektor Prof. Dr. Axel Schölmerich. „Besonders freue ich mich, dass dieser Sonderforschungsbereich die Kooperation in der Universitätsallianz Ruhr weiter stärkt.“

Lernprozess mit klinischer Relevanz

Menschen und Tiere können sich nicht nur neue Informationen aneignen, sondern auch lernen, dass früher erworbenes Wissen nicht mehr relevant ist. „Der Prozess des Erstlernens ist sehr gut untersucht“, so Onur Güntürkün. „Aber die Mechanismen des Extinktionslernens sind bislang nur lückenhaft verstanden.“

Die Extinktion beinhaltet nicht nur das Vergessen alter Informationen. Sie umfasst auch einen neuen Lernprozess, der das zuvor Gelernte überlagert. „Die vermeintlich nicht mehr vorhandene Gedächtnisspur kann unter bestimmten Bedingungen wieder auftauchen und dann Teil von psychologischen Problemen sein, etwa bei Angststörungen“, erklärt Güntürkün.

Im neuen Sonderforschungsbereich untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die neuronalen Mechanismen des Extinktionslernens und seine klinische Bewandtnis. Sie beleuchten das Thema auch aus der Perspektive der Entwicklungsbiologie und der Verhaltensforschung, bei Menschen und verschiedenen anderen Spezies, und sogar bei Robotern.

Übergeordnete Analyse

Die Forscher im SFB 1280 nutzen ähnliche Testprozeduren, um den Transfer von Wissen und Daten zwischen den 17 wissenschaftlichen Teilprojekten zu optimieren. Zusätzlich sind in dem Sonderforschungsbereich erstmals zwei Fokusgruppen vorgesehen, die Daten aus verschiedenen Teilprojekten integrieren und übergeordnet analysieren. Eine der Gruppen beschäftigt sich mit der Dynamik des Extinktionslernens, die andere mit Erkenntnissen aus bildgebenden Studien.

Universitätsallianz Ruhr

Seit 2007 arbeiten die drei Ruhrgebietsuniversitäten unter dem Dach der UA Ruhr strategisch eng zusammen. Durch Bündelung der Kräfte werden die Leistungen der Partneruniversitäten systematisch ausgebaut. Unter dem Motto „gemeinsam besser“ gibt es inzwischen über 100 Kooperationen in Forschung, Lehre und Verwaltung. Mit mehr als 115.000 Studierenden und nahezu 1.300 Professorinnen und Professoren gehört die UA Ruhr zu den größten und leistungsstärksten Wissenschaftsstandorten Deutschlands.

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Von

Julia Weiler

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