Die Wal-Galaxie NGC 4631 in drei verschiedenen Wellenlängenbereichen: Die Sternentstehung in der Galaxie produziert heißes Gas, das im Röntgenbereich sichtbar ist (blau), sowie hochenergetische Teilchen, die sich im Radiobereich offenbaren (orange). In der Mitte überlagert gezeigt ist ein Bild der Galaxie im Bereich des sichtbaren Lichts.
© Michael Stein & Volker Heesen

Radioastronomie Eine Flut neuer Entdeckungen am Himmel

Mit den sieben Jahre lang gesammelten Daten dieses Radioastronomie-Projekts könnte man die Festplatten von 20.000 Laptops füllen. Sie ermöglichen einzigartige neue Einblicke in das Universum.

Ein internationales Forschungsteam hat eine neue Himmelskarte mit 4,4 Millionen Galaxien veröffentlicht. Sie alle wurden erstmals im Radiowellenbereich sichtbar gemacht. Eine Million dieser Galaxien war zuvor sogar vollkommen unbekannt. Sieben Jahre lang sammelte das Team, an dem auch die Ruhr-Universität Bochum (RUB) beteiligt ist, Daten mit dem europäischen Radioteleskop LOFAR, kurz für Low Frequency Array. Die Forschenden kartierten ein Viertel des nördlichen Himmels im Radiowellenbereich.

„Jetzt, da dieser Datenschatz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, kann jeder die exotischsten Wunder unseres faszinierenden Universums in einem völlig neuen Licht betrachten“, sagt Michael Stein, Doktorand am Astronomischen Institut der RUB.

Die meisten Objekte in der neuen Himmelskarte sind Milliarden Lichtjahre entfernt. In der Regel handelt es sich um Galaxien, die in ihrem Zentrum massereiche Schwarze Löcher oder Gebiete sehr starker Sternbildung beherbergen. Seltener sind auch Gruppen von kollidierenden Galaxien darunter oder Objekte aus unserer eigenen Milchstraße wie Sterne mit Strahlungsausbrüchen, sogenannte Flare-Sterne.

Acht Petabyte an Daten

Der acht Petabyte große Datensatz umfasst Aufnahmen von 3.500 Beobachtungsstunden. Damit könnte man die Festplatten von ungefähr 20.000 Laptops füllen. Und das sind erst 27 Prozent der Daten, die das LOFAR-Projekt insgesamt erheben wird. Die Forschenden sind sicher, dass sich daraus noch viele neue Erkenntnisse ergeben werden. So ermöglichen es die Messungen etwa zu erforschen, wie Schwarze Löcher entstehen oder welche physikalischen Prozesse der Entstehung von Sternen zugrunde liegen.

Die Überreste einer Supernova, Cygnusbogen genannt, sind hier im Radio-, UV- und Röntgenbereich gezeigt. Sie befinden sich in der Milchstraße. Dorthin wird sich der Blick von LOFAR in Zukunft wenden. Das Radioteleskop beginnt gerade, unsere eigene Galaxie zu erforschen.
© Jennifer West

Öffentlich verfügbare Daten

Die LOFAR-Daten stehen Forschenden weltweit für die weitere Auswertung zur Verfügung und wurden auch in den vergangenen Jahren bereits von zahlreichen Gruppen für die wissenschaftliche Arbeit genutzt. Auch das Team um Prof. Dr. Ralf-Jürgen Dettmar vom Astronomischen Institut der RUB arbeitet damit. Die Bochumer Forschenden interessieren sich vor allem für den Einfluss von galaktischen Winden auf die Evolution von Galaxien und für Zwerggalaxien mit extrem hohen Sternbildungsraten als Analogie zu den ersten Galaxien in unserem Universum.

Jeder einzelne Quadrant dieses Bildes zeigt die Kollision zweier gigantischer Galaxiencluster. Jeder der Cluster besteht aus Hunderten oder Tausenden von Galaxien. Diese energiereichen Ereignisse sind die seltensten seit dem Urknall. Sie senden riesige Schockwellen durch das Universum, deren Turbulenzen sich über Millionen von Lichtjahren erstrecken.
© Andrea Botteon

„Die völlig neuartige Technik des LOFAR-Radioteleskops eröffnet uns viele neue Möglichkeiten, um energiereiche physikalische Prozesse in der Welt der Galaxien zu untersuchen. Die Beteiligung an diesem internationalen Projekt ermöglicht uns wichtige Beiträge zur Erforschung kosmischer Plasmen, einem Schwerpunkt an der RUB“, sagt Ralf-Jürgen Dettmar.

Förderung

Die technischen Entwicklungen zu LOFAR werden an der RUB von der Verbundforschung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert. Die wissenschaftliche Auswertung erfolgt im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 1491 „Cosmic Interacting Matters – From Source to Signal“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Originalveröffentlichung

Timothy Shimwell et al.: The LOFAR Two-metre Sky Survey (LoTSS). V. Second data release, in: Astronomy & Astrophysics, 2022, DOI: 10.1051/0004-6361/202142484, Vorabveröffentlichung

Pressekontakt

Prof. Dr. Ralf-Jürgen Dettmar
Lehrstuhl für Astronomie
Fakultät für Physik und Astronomie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 23454
E-Mail: dettmar@astro.rub.de

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Veröffentlicht

Freitag
25. Februar 2022
11:21 Uhr

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