Viele kurze Strecken verursachen zu hohe Kosten
Fahrstuhl fahren an der RUB demnächst kostenpflichtig
Fahrstuhl fahren an der RUB kostet demnächst Geld. Allerdings nur für diejenigen, die lediglich eine oder zwei Etagen fahren. Wer mehr Etagen zurücklegt, fährt weiterhin umsonst – selbstverständlich auch Schwangere und Behinderte. Nachdem das Rektorat diese Vorschläge der „Arbeitsgemeinschaft Fahrstuhl”, einer interdisziplinären Kommission aus Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlern, Ingenieuren, Medizinern und Vertretern des Dezernates für Betriebstechnik, genehmigt hat, sind die Techniker an der Reihe: Sie beginnen am 1. April 1996 damit, die insgesamt 68 Fahrstühle in den elf Hochhäusern der RUB nachzurüsten: mit automatischen Sperren, neuronalen Computern für die Gesichtserkennung und Chipkartenlesegeräten für die Abbuchung von Gebühren.
Mehr als 1 Million DM jährlich Reparatur- und Wartungskosten
Die Problematik ist an der RUB seit Langem bekannt, vor allem, seit die jährlich anfallenden Fahrstuhl-Reparatur- und Wartungskosten siebenstellig sind: Die Studierenden und Mitarbeiter/innen fahren zu viel Fahrstuhl. Vor allem legen sie zu viel kurze Wege, meist nur ein oder zwei Stockwerke zurück. In einer Langzeitstudie konnte die AG Fahrstuhl nachweisen, dass das Fahren per Fahrstuhl von maximal zwei Stockwerken nicht nur äußerst kostenintensiv, sondern zudem gesundheitsschädlich ist: In einer noch unveröffentlichten Studie stellen RUB-Mediziner fest, dass gerade die häufigen abrupten Stopps und Anfahrten Erschütterungen auslösen, die das Gehirn – ähnlich leichten Boxschlägen – schädigen können. Aber auch innere Organe (Leber, Milz und Pankreas) werden von den ruckartigen Bewegungen in Mitleidenschaft gezogen. Außerdem: Ein ernst zu nehmendes Risiko sehen Psychologen in der psychischen Belastung („Bleibt er stecken?“), der viele sich in engen, überfüllten Kabinen aussetzen.
Zwei von drei Fahrten sind zu kurz
Die vom Rektorat einberufene „AG Fahrstuhl“ hat ermittelt, dass in den vergangen zwei Jahren mehr als zwei Drittel aller Fahrten nur über ein oder zwei Stockwerke führten; bei den Spitzenreitern, den Geisteswissenschaftlern, waren es sogar etwas mehr als 80 Prozent. Dafür sind die mit zahlreichen Verschleißteilen versehenen Fahrstühle aus den späten 60er-Jahren nicht ausgerichtet. Häufiges Anfahren und Halten nutzt die Tragseile deutlich schneller ab, und auch die Mechanik der Türen muss aufgrund vermehrten Gebrauchs regelmäßig aufwendig gewartet, zum Teil auch ersetzt werden.
Über elf Minuten für zwölf Stockwerke
Durch die häufigen Stopps ist auch der Zeitverlust für Passagiere hoch, die viele Stockwerke zurücklegen wollen oder müssen. So dauert die Fahrt über zwölf Etagen in Gebäude GA (Heimat unter anderem von Psychologen, Philosophen und Theologen) von der untersten Ebene 05 bis ganz nach oben (Ebene 8) durchschnittlich elf Minuten und neun Sekunden – ein unhaltbarer Zustand, folgert die AG Fahrstuhl im Bericht für das Rektorat. Darin verweist sie auf den dritten wesentlichen Aspekt: den medizinischen. Schließlich empfehlen Ärzte schon seit langem Treppensteigen in bestimmten Mengen als extrem gesundheitsfördernd.
Kurzfahrer werden kräftig zur Kasse gebeten
Auch deshalb bittet die RUB ab dem Sommersemester 1996 Kurzreisende kräftig zur Kasse: mit 0,50 DM pro Etage/Kurzfahrt. Dabei gilt: „Freie Fahrt für Behinderte und Schwangere!“ Das Inkasso erfolgt über Chipkarten, die bald die Studierendenausweise ersetzen, in Kombination mit von RUB-Neuroinformatikern entwickelten Computern, die Gesichter erkennen können. Weil sich diese Systeme weder von einer neuen Frisur noch einem Drei-Tage-Bart täuschen lassen, können sie Missbrauch ausschließen, ebenso die Übertragung bzw. den Verleih der Chipkarten. Die Verwaltung hat errechnet, dass innerhalb eines Jahres die Einnahmen (Prognose: etwa 400.000 DM) die Investitionskosten für die Nachrüstung wettmachen werden, sodass sich ab 1997 der Haushaltsdezernent jährlich auf warme Regen freuen kann.
RUB nicht die erste Uni
Übrigens: Die RUB ist nicht die erste Universität, in der Fahrstuhl fahren Geld kostet. Seit 1992 gibt es ein erfolgreiches Projekt an der Uni im schwedischen Uppsala. Dort werden allerdings schwer vermittelbare Arbeitslose als Fahrstuhlwächter und Kassierer eingesetzt. Die Preise sind mit denen in Bochum vergleichbar: 50 Öre kostet die Zwei-Stockfahrt, eine schwedische Krone (etwa 50 Pfennig) die Ein-Stockfahrt. Und ums Bezahlen drückt sich im hohen Norden niemand! ad/jk