Es hat sich gelohnt: Sabrina Lewandowski und Julien Thiesmann sind stolz auf das Projektergebnis.
© RUB, Marquard

Ausstellungsprojekt Von Bergen aus Kartons und dem Leben einer Autorin

Sortieren, lesen, archivieren: Studierende haben den Nachlass einer Ruhrgebietsautorin katalogisiert und eine Ausstellung daraus entwickelt.

Sabrina Lewandowski und Julien Thiesmann haben in einem Seminar vom Germanistischen Institut den Nachlass der Gelsenkirchener Autorin Ilse Kibgis nicht nur gelesen, sondern auch katalogisiert und eine Ausstellung daraus entwickelt. Was die Schwierigkeiten und Herausforderungen in diesem interdisziplinären Projekt waren, erzählen die Studierenden in einem Interview.

Studieren und nebenbei eine Ausstellung organisieren. Wie war das?
Sabrina Lewandowski: Für mich war es überhaupt das erste Mal, dass ich solch ein Projekt im Studium mache. Die Seminarbeschreibung im Vorlesungsverzeichnis hat mich direkt angesprochen.

Julien Thiesmann: Die Ausstellung zu planen, war nur ein Teil des Seminars. Wir haben außerdem eine Ausstellungsbroschüre erstellt und den gesamten Nachlass von Ilse Kibgis katalogisiert.

Ich habe anhand der Beschreibung gesehen, dass das Seminar was Besonderes ist. Deshalb habe ich es gewählt.


Sabrina Lewandowski

Das hört sich nach einem großen Zeitaufwand an.
Lewandowski: Der Aufwand ging über das hinaus, was ich normalerweise für ein Seminar einplane. Das wurde aber von Anfang an von Dr. Joachim Wittkowski, der das Projekt leitete, auch kommuniziert.

Ich habe anhand der Beschreibung gesehen, dass das Seminar was Besonderes ist. Deshalb habe ich es gewählt und war bereit, auch Zeit zu investieren. Mich hat es gereizt, im Seminar etwas für die Nachwelt entstehen zu lassen.

Thiesmann: Es ist schwierig gewesen, dass wir dafür nicht auf dem Campus gearbeitet haben, sondern im Fritz-Hüser-Institut in Dortmund. Man muss schon den Willen haben, so etwas in den Studienalltag einzuplanen.

Gab es noch andere Schwierigkeiten?
Thiesmann: Die Katalogisierungsarbeit war neu. Wir haben den Nachlass von Ilse Kibgis komplett sortiert und einen Katalog dazu erstellt, den es vorher noch nicht gab. Diese Art der Arbeit kommt im Studium eigentlich nicht vor und ist ungewohnt gewesen. Schwierig war es deswegen, weil wir uns ein bestimmtes Erfassungsschema selbst erarbeiten und setzen mussten, damit der Katalog einheitlich und übersichtlich wird.

Über Ilse Kibgis

Ilse Kibgis wurde 1928 in Gelsenkirchen geboren. Bis zu ihrem Tod 2015 schrieb sie zwei Bücher und zahlreiche Gedichte, die in verschiedenen Zeitschriften und Zeitungen erschienen sind. Kibgis war eine der wenigen Autorinnen in der Arbeiterliteratur im Ruhrgebiet.

Wie waren die Aufgaben verteilt?
Lewandowski: Es hat nicht jeder das gleiche gemacht. Ich habe an der Broschüre gearbeitet und einen Essay dafür erstellt. Mein Arbeitsthema bezog sich auf Ilse Kibgis’ Rolle als Hausfrau. Dafür habe ich im Nachlass nach Material gesucht.

Wie war das?
Lewandowski: Ein Nachlass besteht nicht nur aus Büchern, sondern es sind bergeweise Kartons, die ganz verschiedene Textarten beinhalten wie Briefe und Notizen. Das war spannend, sich dort das Material für den eigenen Text herauszusuchen und sich so ein Bild von Ilse Kibgis zu machen.

Was war die größte Herausforderung?
Lewandowski: Vor der Ausstellungseröffnung war ich sehr nervös, weil ich nicht wusste, wie viele Leute kommen. Das hätte ich aber im Nachhinein nicht sein müssen. Es ist alles gut gelaufen. Dass ich mich dann auch getraut habe, etwas bei der Eröffnung zu sagen, war das i-Tüpfelchen auf dem ganzen Projekt.

Thiesmann: Die Eröffnung hat mich auch angespannt. Es war eine ungewohnte Situation. Ich bin da einerseits mit erhöhtem Pulsschlag und andererseits mit Stolz hingegangen.

Zur Ausstellung

Im Fritz-Hüser-Institut, Rhader Weg 5 in Dortmund, gibt es die Ausstellung „Ilse Kibgis: Arbeiterin – Hausfrau – Lyrikerin“ bis zum 30. Januar 2019 zu sehen. Öffnungszeiten sind montags bis donnerstags 10 bis 16 Uhr; der Eintritt ist frei.

Die Ausstellung läuft noch bis Ende Januar 2019. Warum lohnt es sich, diese zu besuchen?
Thiesmann: Die Autorin ist heute nicht mehr so bekannt wie in den 1970-ern. Ihr Werk beschäftigt sich aber mit Fragen, die auch heute noch sehr aktuell sind. Es geht zum Beispiel um das Leben und die Menschen im Ruhrgebiet, um Integration und die Rolle der Frau in der Gesellschaft.

Lewandowski: Ilse Kibgis war eine unterdrückte Frau, und sie hat in ihren Gedichten den Mut gehabt, ihren Mund aufzumachen und etwas zu sagen. Vor allem für Leute, die sich mit sozialer Gerechtigkeit auseinandersetzen, ist die Ausstellung interessant.

Veröffentlicht

Donnerstag
13. Dezember 2018
10:47 Uhr

Von

Katharina Gregor

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