Interdisziplinäre Spring School Austausch auf Augenhöhe
31 Masterstudierende haben die Semesterferien dazu genutzt, mehr über die Herausforderungen von Entwicklungszusammenarbeit zu lernen.
Normalerweise beschäftigt sich Frederick Kühl in seinem Masterstudium „Management und Economics“ mit Marketingstrategien und Verkaufszahlen. Während der interdisziplinären Spring School zum Thema „Internationale technische Zusammenarbeit“ ging es für den 23-Jährigen und seine Arbeitsgruppe um Bewässerungsanlagen.
Mit welchen Fragen haben Sie sich in der Spring School auseinandergesetzt?
Die Idee war, mehr über Entwicklungshilfe im Allgemeinen zu erfahren, mit Akteuren aus den betroffenen Ländern zu sprechen und mitzubekommen, wie sie Entwicklungszusammenarbeit sehen. Dieses neu erlernte Wissen konnten wir Studierenden dann auch sofort praktisch anwenden. In Arbeitsgruppen von etwa fünf Teilnehmenden beschäftigten wir uns mit unterschiedlichen, praxisnahen Fallbeispielen aus der „Ingenieure-ohne-Grenzen“-Challenge. Dabei handelt es sich um ein Lehrformat für Hochschulen, bei dem Studierende reale Problemstellungen aus dem Alltag des Vereins „Ingenieure ohne Grenzen“ lösen müssen.
Zum Hintergrund der Spring School
Warum haben Sie sich dazu entschieden, an der Spring School teilzunehmen?
Zunächst fand ich es sehr spannend, dass die Spring School so praktisch ausgerichtet war. Es ging nicht nur darum, einen Lösungsvorschlag in der Gruppe zu erarbeiten, sondern auch einen Prototyp zu bauen. Ich war, um ehrlich zu sein, etwas überrascht, dass die Veranstaltung auch für meine Fachrichtung offenstand. Mir war zunächst nicht klar, wie ich mich als Wirtschaftswissenschaftler einbringen kann. Im Verlauf des Projektes wurde ich aber diesbezüglich eines Besseren belehrt.
Mit welcher Aufgabe haben Sie sich in Ihrer Arbeitsgruppe beschäftigt?
Es gab insgesamt vier Aufgaben, mit denen sich die Studierenden auseinandergesetzt haben: Grob gesagt ging es um Kühlanlagen, um Wasseraufbereitung, um sanitäre Anlagen und um Bodenbewässerung. Das letzte Thema hat meine Gruppe behandelt. Die Aufgabe bestand darin, ein Bewässerungskonzept zu erarbeiten, um der Verwüstung des kenianischen Timaugebiets entgegenzuwirken und dieses auch weiterhin für die ansässige Bevölkerung landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Hierbei war es zielführend, dass wir aus unterschiedlichen Fachbereichen kommen. Die Ingenieure konnten ihr Wissen bezüglich der technischen Realisierung einbringen, die Sozialwissenschaftlerin in unserer Gruppe legte Augenmerk auf kulturelle Aspekte. Ich konnte relevante wirtschaftliche Kennzahlen beisteuern.
Was war das Schwierigste während des Projektes?
Die größte Herausforderung für uns war die Konzeptualisierung. Die Spring School dauerte zwei Wochen. In der ersten Woche bekamen wir viel inhaltlichen Input. Es waren einige nationale, größtenteils internationale Experten aus den Zielregionen zu Gast, die uns zahlreiche Aspekte der Entwicklungszusammenarbeit aufzeigten und näherbrachten. Nachdem wir uns eine Woche lang mit dem Thema beschäftigt hatten, ging es in die Projektphase. Und hier machten wir schon bei der groben Planung Fehler.
Inwiefern?
Es war den Organisatoren und den Gästen der Spring School sehr wichtig, uns dafür zu sensibilisieren, dass es in der Entwicklungszusammenarbeit vor allem darum geht, die Menschen vor Ort als gleichberechtigte Partner zu sehen, die einen anderen kulturellen oder auch religiösen Hintergrund mitbringen. Die Aufgabe bestand darin, ein kultursensibles Konzept zu entwickeln, dass den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen vor Ort gerecht wird. In unserem Erstentwurf haben wir Technologien eingebracht, die viel zu komplex und teuer waren, also für die Einwohner weder erschwinglich noch reparabel. Wir entschieden uns daher schlussendlich für eine sehr robuste und traditionelle Methode mit Wasserauffangbecken und einer Handpumpe.
Die Spring School hat mein Bild von Entwicklungsländern nachhaltig geprägt und verändert.
Was haben Sie Neues gelernt?
Zum einen ist mir durch die Spring School bewusst geworden, wie viele Aspekte berücksichtigt werden müssen, um erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit leisten zu können. Zum anderen hat sie mein Bild von Entwicklungsländern nachhaltig geprägt und verändert. Viele assoziieren mit solchen Ländern ausschließlich Armut, Hunger und Rückschrittlichkeit. Der Input der internationalen Gäste hat uns hier eine ganz andere Perspektive aufgezeigt. So gibt es durchaus viele Bereiche, in denen wir in Deutschland afrikanischen Staaten hinterherhinken. Beispielsweise nutzen Kenianer mit der sogenannten Anwendung M-Pesa schon seit über zehn Jahren ein bargeldloses Bezahlsystem, das über eine App auf dem Mobiltelefon läuft.
Was haben Sie für sich persönlich aus der Blockveranstaltung mitgenommen?
Für mich ganz persönlich habe ich mitgenommen, wie wichtig es ist, Menschen aufgrund ihrer Ansichten nicht voreilig zu verurteilen. Man muss sich immer die Geschichte hinter einer Meinung anhören. Betroffene haben häufig eine andere Sicht auf Dinge als Außenstehende. Verständigung und Verständnis sind da essenziell. Nicht nur in der Entwicklungszusammenarbeit, sondern auch im Alltag.