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Briefe gegen die Einsamkeit
Jasmin Batler studiert an der RUB Anglistik, Amerikanistik und Komparatistik und hat während der Coronapandemie eine Brieffreundin gefunden. Im Interview erzählt sie von den Erfahrungen in dem Projekt, in dem Studierende mit Pflegeheimbewohnern schriftlich Kontakt aufgenommen haben.
Frau Batler, wie sind Sie auf das Projekt „Briefe gegen die Einsamkeit“ aufmerksam geworden?
Ich habe im März einen Aufruf in der RUB-Facebook-Gruppe gesehen und war direkt interessiert.
Warum wollten Sie mitmachen?
Ich liebe es, Briefe zu schreiben und Briefe – die mal keine Rechnungen sind – zu erhalten. Der Gedanke, jemandem damit eine Freude zu machen, der gerade auf Grund von Corona sowieso schon unter extremen Einschränkungen steht, hat mir sehr gut gefallen. Zudem konnte ich mir das Schreiben und Analysieren der Briefe mit Credit Points anrechnen lassen. Mir war klar, dass ich da mitmachen muss.
Was stand in Ihrem ersten Brief?
Ich habe mich einfach auf rund einer Seite vorgestellt, erzählt, was ich studiere, was meine Hobbies sind und habe dann auch direkt ein paar Fragen gestellt.
Was war die Herausforderung dabei, den Brief zu schreiben?
Ich kannte die Person ja überhaupt nicht. Wir wurden zufällig zugeordnet. Mein Kontakt ist eine Dame, die in einem Pflegeheim in Witten wohnt.
Einer komplett fremden Person zu schreiben, stellt eine Herausforderung dar. Was ist die beste Balance zwischen Fragen stellen und einfach von sich selbst erzählen? Ich habe mir vor dem Schreiben tatsächlich viele Gedanken dazu gemacht, was ich schreiben möchte, weil ich absolut keine Ahnung hatte, in welcher gesundheitlichen Verfassung meine neue Brieffreundin steht. Letztendlich habe ich dann aber einfach geschrieben, was sich richtig angefühlt hat.
Gab es eine Antwort?
Ich habe sehr schnell eine Antwort erhalten. Zuerst bekam ich eine Osterkarte, in der sie mir und meiner Familie ein schönes Fest wünschte und mir mitteilte, dass sie sich bald mit einer ausführlichen Antwort melden würde. Als die kam, hat meine Brieffreundin mir jede Menge aus ihrem Leben erzählt. Zum Beispiel, dass sie mal ein ganzes Jahr in den USA verbracht hat – genau wie ich. Und was ihre momentanen Lieblingsbücher sind und auch da gab es ein paar Gemeinsamkeiten.
Briefe gegen die Einsamkeit ist ein Projekt von Dr. Katrin Bente Karl. Es ist entstanden aus dem bereits seit 2016 bestehenden Projekt Unvergessen und eine Reaktion auf die pandemiebedingten Besuchsverbote und -einschränkungen in Pflegeheimen. Im März und April 2020 konnte das Projekt 155 junge Menschen an Personen aus zwölf Pflegeheimen im Ruhrgebiet für die Briefaktion vermitteln.
Gibt es immer noch Kontakt? Und wie sieht dieser aus?
Seit Ostern haben wir etwa je sechs Briefe ausgetauscht. Leider habe ich schon seit knapp einem Monat nichts mehr von ihr gehört, deswegen habe ich letzte Woche nochmal eine Karte geschickt, um zu fragen, ob mein letzter Brief ankam und wie es ihr geht. Ich hoffe natürlich, sie hat einfach das gute Wetter genossen und ist noch nicht dazu gekommen, sich zu melden.
Was nehmen Sie aus dem Projekt mit?
Ich finde, im Alltag kann man im Umgang mit älteren Menschen recht schnell ungeduldig werden, weil sie nicht mehr so gut hören oder vielleicht vor einem an der Kasse etwas länger brauchen. Dabei vergisst man manchmal, wie viel diese Menschen schon erlebt haben und dass sie einem – wenn auch vielleicht nicht mehr körperlich – in so vielen Dingen überlegen sind. Wir können so viel von älteren Personen lernen.
Ich hoffe, alle, die an dem Projekt teilnehmen, verinnerlichen das und werden im Alltag auch etwas geduldiger.
Für mich persönlich hat sich herausgestellt, dass man trotz des hohen Altersunterschieds Gemeinsamkeiten finden kann. Das finde ich toll. Ich hoffe, dass es solche Aktionen auch nach Corona gibt, sodass jede Person, die in einem Pflegeheim lebt, die Möglichkeit hat, sich auszutauschen und Geschichten aus dem Leben zu erzählen.
2. Juli 2020
09.31 Uhr