Digitale Lehre Tugend statt Not
Peter Salden spricht im Interview über die Gestaltung der Lehre an der RUB seit Beginn der Coronapandemie – und wie es weitergeht.
Update 18. Juni 2021
Am 19. Juni 2021 erscheint das Interview mit Peter Salden in kürzerer Form in der Beilage Starkes Land NRW im Magazin Spiegel.
Ursprüngliche Meldung vom 31. März 2021
Dr. Peter Salden leitet seit April 2017 das Zentrum für Wissenschaftsdidaktik (ZfW) der RUB. Der zentrale E-Learning-Bereich der RUB, die Hochschuldidaktik und das Schreibzentrum sind im ZfW zusammengefasst. Er spricht über die Gestaltung der digitalen Lehr- und Lernmöglichkeiten an der RUB und gibt einen Ausblick auf Neuerungen.
Herr Dr. Salden, wie hat sich die Online-Lehre im vergangenen Jahr an der RUB entwickelt und wie ist der aktuelle Stand?
Keine Frage: Seit dem letzten Jahr hat sich in dem Bereich sehr viel getan. Es gab an der RUB zwar schon vor Corona viele digitale Elemente in der Lehre. Dennoch ging es zu Beginn der Coronazeit vor allem darum, dass die Lehre online überhaupt weitergeht – zum Glück hat das gut geklappt. Im letzten Semester hat sich dann noch einmal viel getan: Viele Lehrende haben nun aus der Not eine Tugend gemacht und sehr kreative Ideen für ihre Lehre entwickelt, sodass die Online-Formate auch in der Breite immer interessanter werden.
Können Sie Beispiele nennen?
Ich denke zum Beispiel an eine virtuelle Summer School, bei der alle Aktivitäten in einem öffentlichen Blog abgebildet wurden. Oder an eine Veranstaltung, in der 360 Grad-Videos und Virtual Reality zum Einsatz kommen, mit dem Ziel, dass Studierende auch selbst virtuelle Rundgänge beispielsweise für Museen konzipieren können. Es muss aber nicht immer so etwas Besonderes sein. So merkt man inzwischen auch einfach vielen Lernvideos unserer Lehrenden an, dass sie sehr gut durchdacht und umgesetzt wurden.
Nicht nur an der RUB ändert sich in der Lehre einiges: Auch der Aufbau des Online-Landesportals Open Resources Campus NRW (ORCA.nrw) bringt weitere Neuerungen. Was ist das und was sind die Vorteile?
Im Landesportal ORCA.nrw werden zukünftig hochschulübergreifende Angebote zum E-Learning aus den nordrhein-westfälischen Hochschulen gebündelt. Dieses Großvorhaben haben wir vom ZfW aus in den letzten Jahren mit konzipiert und auf den Weg gebracht, wobei sehr viele Partnerinnen und Partner in ganz NRW beteiligt waren. Dass es nun zum Jahresbeginn gelungen ist, ORCA.nrw als gemeinsame Betriebseinheit mit Unterstützung aller NRW-Hochschulen zu gründen, ist ein toller Erfolg, und natürlich freuen wir uns besonders, dass der Sitz dieser Einheit sich an der RUB befindet. Seit März hat hier mit Markus Deimann nun auch ein eigener Geschäftsführer die Arbeit aufgenommen.
Weil man gemeinsam mehr schaffen kann als alleine.
Zu den Vorteilen: In ORCA.nrw werden Studierende und Lehrende Online-Lehrmaterial aus allen NRW-Hochschulen finden – kostenlos und oft sogar veränderbar. Zudem sind mit dem Portal wichtige Services verbunden, so beispielsweise eine Rechtsinformation zum E-Learning und Mathematik-Support für Studierende. Die Grundidee ist, dass die nordrhein-westfälischen Hochschulen sich für die Bündelung von Informationen sowie die Bereitstellung von Material zusammentun, weil man gemeinsam mehr schaffen kann als alleine.
Wie wird es nach Ihrer Einschätzung nach der Coronapandemie mit der Lehre weitergehen?
Wir haben an der RUB im Jahr 2018 eine Digitalisierungsstrategie für Studium und Lehre verabschiedet, deren Eckpunkte weiter aktuell sind. Dazu gehört, dass wir keine Online-Universität sein möchten. Entsprechend werden wir definitiv eine Rückkehr zu Präsenzformaten sehen. Allerdings wird uns dies sicher nicht zum Status vor der Coronazeit zurückführen. Wir haben deswegen vor, den strategischen Dialog wieder aufzunehmen, um mit Lehrenden, Studierenden und den Kolleginnen und Kollegen der Unterstützungseinheiten darüber zu sprechen, was sich in der Coronazeit bewährt hat und fortgeführt werden sollte, was also das für die RUB richtige Verhältnis von Präsenz- und Online-Lehre ist und welche Rahmenbedingungen wir dafür benötigen.
Auf welche Neuerungen können sich Studierende und Lehrende in Zukunft außerdem freuen?
Uns ist wichtig, im E-Learning früh neue Möglichkeiten zu erkunden. Wir haben uns deswegen vor Corona zum Beispiel viel mit Virtual und Augmented Reality sowie mit dem Einsatz spielerischer Elemente beschäftigt. Diese Themen spielen auch jetzt eine Rolle, wenn es beispielsweise um virtualisierte Praktika und Exkursionen geht. Hinzu kommt für uns jetzt das Thema künstliche Intelligenz, die genutzt werden kann, um Lernsettings individueller zu machen. Dies möchten wir für die RUB sondieren und erproben.
Aktuell sehen wir außerdem, dass durch virtuellen Austausch die Lehre internationaler wird. Die RUB baut hierfür mit UNIC einen starken europäischen Verbund auf, was den Studierenden beispielsweise ermöglicht, an Angeboten der Partneruniversitäten teilzunehmen. UNIC ist ein Verbund aus insgesamt acht europäischen Universitäten. Gemeinsam soll – natürlich auch digital – sozusagen ein europäischer Campus entstehen. Die erste UNIC Spring School findet gerade online statt. Das Angebot wird nun zügig wachsen.
Welche Angebote gibt es vom ZfW für Lehrende und Studierende, um die Lehre weiter zu entwickeln oder mitzugestalten?
Für Lehrende gibt es von uns auch während der Coronazeit wie gewohnt Beratung, Weiterqualifizierung und Vernetzung zu allen Fragen, wie Lehre gestaltet werden kann. Noch recht neu ist, dass unsere studentischen Beschäftigten auch Studierende zur Handhabung von Moodle und Zoom beraten und Workshops zum Umgang mit bestimmten digitalen Tools anbieten.
Einen kleinen Ausblick erlaube ich mir aber auch schon in die Zeit, wenn das Leben auf den Campus zurückkehrt: Wir gehen davon aus, im Sommer in Zusammenarbeit mit der Universitätsbibliothek (UB) einen ganz neuen Beratungsort im Erdgeschoss der UB herrichten zu können. Die Umbauarbeiten stehen direkt bevor. Hier entsteht das neue, große Schreibcafé, wo Studierende Unterstützung zum akademischen Schreiben erhalten. Dass wir dies jetzt relativ störungsfrei bauen können, ist ausnahmsweise mal ein Vorteil der Coronazeit.