Haben sich gesucht und gefunden: Célia Millon, Yicheng Wang und Michael Müller vom Start-up HoLa (von links).
© RUB, Marquard

Gründungen Mit Vielfalt zur Laserrevolution

Im Start-up HoLa treiben drei Nationen, drei akademische Horizonte und gelebte Parität die Entwicklung eines neuartigen Lasers voran.

„Unser 2,1-μm-Laser leuchtet in einer noch nie zuvor dagewesenen Farbe“, hört das Publikum Start-up-Gründerin Dr. Célia Millon beim ersten WSC Demo Day 2023 sagen. Es ist das erste Mal, dass die gebürtige Französin auf einer Bühne steht, um ihre Start-up-Idee zu pitchen. Gerade einmal zwei Monate ist es her, dass sich das Team von HoLa gefunden hat. Am Ende des Abends schafft es das Team, sich mit ihrem neuartigen Laser den ersten Platz als vielversprechendstes Start-up der Ruhr-Universität Bochum 2023 zu sichern. Das Geheimnis ihres Erfolges? Eine innovative Idee und ein vielseitiges, internationales Gründungsteam.

Ein Team für HoLa zu finden, war eine lange Reise, auf der mein Mitgründer Yicheng und ich viel gelernt haben.


Célia Millon

Die Studie „Warum gründen Deutschlands Forscher*innen nicht?“ konnte zeigen, dass universitäre Start-ups am häufigsten an der Teamzusammensetzung scheitern. Auch HoLa-Gründerin Célia Millon beobachtet, dass in vielen Start-ups nur eine Nationalität vertreten ist und die Teams ausschließlich aus weiblichen oder männlichen Mitgliedern bestehen. Letzteres sei vor allem im Bereich der Spitzentechnologie der Fall.

„Unterschiedliche kulturelle Hintergründe machen Start-ups viel flexibler“, meint sie. Bei HoLa treffen drei Nationen, drei unterschiedliche akademische Hintergründe und gelebte Parität aufeinander. Entscheidend sei dabei, die unterschiedlichen Perspektiven unter einer gemeinsamen Vision zu vereinen – das schaffe man nicht an einem Tag. „Ein Team für HoLa zu finden, war eine lange Reise, auf der mein Mitgründer Yicheng und ich viel gelernt haben", so Millon. „Man muss immer wieder darüber sprechen, ob alle für dieselbe Sache morgens aufstehen. Bei HoLa wollen wir alle einen Laser entwickeln, der einen echten Wendepunkt für Wissenschaft und Industrie darstellt.“

Eine Laser-Nutzerin mit Gründungsgeist

Célia Millon hat ihren Doktortitel bei der französischen Kommission für alternative Energien und Atomenergie (CEA) erworben. Hier entwickelte die studierte Physikerin einen Prototyp für Laser-Ultraschall zur Steuerung additiver Metallherstellungsprozesse. „Das CEA ist zwischen Wissenschaft und Industrie angesiedelt, weshalb ich bereits während meiner Zeit als Doktorandin mit Start-ups und großen Unternehmen wie Safran zusammenarbeiten konnte", so Millon. In ihrer ersten Postdoc-Stelle untersuchte sie dann mithilfe von Lasern akustische Wellen, die durch Plasmen in Wasser erzeugt werden.

Auf der Suche nach einer neuen Postdoc-Stelle im Ausland sei ihr neben einem geeigneten Forschungsthema vor allem ein wertschätzendes Arbeitsumfeld wichtig gewesen. Das habe sie an der Ruhr-Universität Bochum am Lehrstuhl für Photonics and Ultrafast Laser Science (PULS) von Prof. Dr. Clara Saraceno gefunden. „Die PULS-Gruppe ist geprägt durch internationale Zusammenarbeit. Das ist ideal, um über neue Ansätze nachzudenken und gemeinsame Ideen zu entwickeln.“ Am Lehrstuhl, an dem Millon erneut Laser zur Analyse von Wasser eingesetzt hat, ist die Idee rund um den 2-μm-Laser schließlich entstanden.

Ein Laser-Konstrukteur mit innovativen Ideen

Eines Morgens habe Célia Millons Kollege Dr. Yicheng Wang an ihre Bürotür geklopft – mit einer überraschenden Frage: „Yicheng fragte mich, ob ich nicht Teil seines Start-up-Projektes werden möchte, weil ihn meine Perspektive als Laser-Nutzerin interessierte.“ Yicheng Wang sei ein „echter Laser-Konstrukteur“. Ende 2023 gewann er den hochdotierten internationalen Optica Foundation Challenge Prize für seine 2-μm-Forschung. Seine Karriere begann er an der Shandong-Universität in China, wo er an der Charakterisierung von Lasermaterialien und der Kristallzüchtung arbeitete. Kristalle sind das Herzstück von Lasern. In der PULS-Gruppe konzentriert er sich auf Hochleistungslaser für neuartige Anwendungen. „Ich habe keine Ahnung von Yichengs Arbeit, aber ich dachte, ich könnte ihm zumindest beim EXIST-Antrag helfen.“

Die Rollen im Team finden

Während die technische Entwicklung des Lasers kein Problem darstellte, wurde mit der Zeit deutlich, dass das Schreiben von Anträgen, die Zielgruppenansprache, Marktanalysen und die Organisation des Teams schwieriger waren. „Mir wurde klar, dass ich für andere Dinge als die reine Wissenschaft gebraucht werde. Deshalb beschlossen wir, dass Yicheng die Produktentwicklung und ich die Geschäftsführung übernehmen werde“, so Célia Millon. Das hieß aber auch, dass sie ihre Forschung hinter sich lassen musste.

Es war schwer, mir selbst zu sagen, dass ich nicht mehr ins Labor gehen werde.


Célia Millon

„Das war nicht leicht für mich, denn ich habe meine Forschung wirklich geliebt. Es war schwer, mir selbst zu sagen, dass ich nicht mehr ins Labor gehen werde.“ Dass mehrere Wege zum Erfolg führen, wurde ihr bei einem Mittagessen mit einem Kollegen auf dem Campus klar. „Ein Kollege sagte zu mir: Célia, Forschen, das ist, als würde man ein endloses Loch in einen Tisch bohren, um ein Thema zu durchdringen. Du aber willst mit anderen zusammenarbeiten, kreative Ideen entwickeln und dich auf dem ganzen Tisch ausbreiten. Akzeptiere das. Das eine ist nicht besser als das andere.“

Der Ingenieur mit technischem Verstand

Anfang 2024 ist Dr. Michael Müller zum Gründungsteam hinzugestoßen. Zufällig kamen er und Yicheng Wang bei einer Konferenz ins Gespräch. Eines Morgens habe Yicheng Wang dann zu seiner Mitgründerin gesagt: „Weißt du was, Célia, vielleicht hat Michael Lust, unserem Start-up-Team beizutreten.“ Seit fast zehn Jahren baut Michael Müller Laser und hat schon länger mit dem Gedanken gespielt, einen eigenen Laser zu entwickeln und ein Start-up zu gründen. Während seiner Promotion in Physik an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena entwickelte er die weltweit leistungsstärksten ultraschnellen Faserlaser. Ein Postdoc-Aufenthalt an der Universität Neuchâtel in der Schweiz erweiterte sein Wissen über moderne Lasertechnologien.

Zusammen bilden beide ein wirklich starkes Team für unseren Laser.


Célia Millon

„Als ich ihn kennengelernt habe, hatte ich gleich das Gefühl, dass Michael das bestehende Team perfekt ergänzen würde“, so Célia Millon. „Während Michael einen technischen Blickwinkel mitbringt und alle Arten von Lasern bauen kann, ist Yicheng etwas akademischer orientiert und mehr auf Innovation ausgerichtet. Zusammen bilden beide ein wirklich starkes Team für unseren Laser.“

Der Gründungsprozess als Achterbahnfahrt

Den gemeinsamen Gründungsprozess erlebe das Team, laut Célia Millon, als wahre Achterbahnfahrt. Im Januar 2023, frisch aus den Winterferien, haben sie den Marathon für die EXIST-Förderung begonnen. Innerhalb weniger Woche wurde die Bewerbung für das bundesweite Förderprogramm geschrieben – abends und an den Wochenenden das Start-up aufgebaut. Im Januar 2024 dann die erlösende Nachricht: Abermals konnte HoLa eine Expertenjury von sich überzeugen und sich für ihre Gründungsidee fast 1 Million Euro Fördermittel vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sichern.

Ich schätze es sehr, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die einen anderen Horizont haben als ich.


Célia Millon

Nun will das Team herausfinden, wie und in welchen Bereichen der Wissenschaft und Industrie der HoLa-Laser am besten genutzt werden kann. Zu den möglichen Einsatzgebieten zählen beispielsweise die Satellitenkommunikation und die Halbleiterindustrie. Jede Woche trifft sich das Team, um sein Fachwissen zu bündeln, neue Ideen zu entwickeln und wichtige Fragen zu klären. Sind wir mit unserer Teamarbeit noch zufrieden? Sollten wir den Führungsstil ändern? „Unsere Kommunikation ist sehr offen und ehrlich, deshalb arbeiten wir auch so gut zusammen“, sagt Cèlia Millon. „Ich schätze es sehr, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die einen anderen Horizont haben als ich.“

Ein neues Mitglied am Horizont

Ab Frühjahr 2024 wird eine vierte Mitgründerin das HoLa-Team ergänzen. Melusine Reimers wird gemeinsam mit Célia Millon die Geschäftsführung übernehmen. Sie hat Philosophie, Soziologie und Medienwissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt studiert und während ihres Studiums eine deutschlandweite NGO für geflüchtete Akademiker und Fachkräfte gegründet. Nach dem Studium war sie Mitgründerin einer nachhaltigen Lebensmittelfabrik und gründete die erste Plattform für Möbel-Sharing in Deutschland. Anschließend arbeitete sie als Gründungsberaterin und Projektmanagerin für das WORLDFACTORY Start-up Center der Ruhr-Universität. Mit ihrer Erfahrung in den Bereichen Teammanagement, unternehmerische Praxis und rechtliche Rahmenbedingungen wird HoLa seinen Horizont weiter erweitern, um mit starkem vielseitigem Team den Weg für die Laser-Revolution zu beschreiten.

Über die WORLDFACTORY

Das WORLDFACTORY Start-up Center (WSC) unterstützt als zentrale Anlaufstelle für Gründung und Transfer alle Gründungsinteressierten dabei, ihre Ideen von der Wissenschaft in die Wirtschaft zu überführen.

Neben kompetenter Beratung, Netzwerkevents, Workshops und Wettbewerben stellt das WSC die Räumlichkeiten und die Infrastruktur zum Erproben innovativer Ideen bereit. Das WSC wird als „Exzellenz Start-up Center.NRW“ durch das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.

Veröffentlicht

Dienstag
05. März 2024
10:20 Uhr

Übersetzt von

Jessica Siegel

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