Mohamad Sbeiti und Samet Gökbayrak (von links) kennen sich seit zehn Jahren. Ihr Start-up ENTRYZERO gilt als Top-Start-up der Ruhr-Universität.

© RUB, Marquard

Top-Start-up

Wie ENTRYZERO Cyberkriminellen zuvorkommt

Ein Bochumer Start-up deckt IT-Schwachstellen bei Unternehmen auf, bevor es andere tun. 

In der digitalisierten Welt ist eine verteilte IT-Landschaft oft ein Sicherheitsrisiko, besonders für große Unternehmen mit globalen Strukturen. Die beiden Gründer Samet Gökbayrak und Dr. Mohamad Sbeiti kennen die Schwächen klassischer IT-Sicherheitslösungen aus erster Hand. Sie reagieren zu langsam, übersehen kritische Schwachstellen oder verlieren sich im Detail. Mit ihrer KI-basierten Plattform wollen sie das ändern und bieten Unternehmen einen Überblick über die Schwachstellen in ihrer IT-Landschaft. 

Beim diesjährigen WORLDFACTORY Demo Day sicherte sich ENTRYZERO den zweiten Platz unter den Top 3 Start-ups der Ruhr-Universität Bochum 2025. Zusätzlich erhielten sie einen Sonderpreis: ein Ticket für das STEP USA University Program in New York. Im Interview erzählt das Gründerduo, was ENTRYZERO von anderen IT-Security-Lösungen unterscheidet und warum gerade Bochum der perfekte Ort für ihre Gründung war.

Für welches Problem bietet ENTRYZERO eine Lösung?
Samet Gökbayrak: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass große Unternehmen oft keine klare Übersicht über ihre weltweite heterogene und dezentrale IT-Landschaft, sprich ihre externe Angriffsfläche, haben. Dadurch finden Hacker Schwachstellen schneller als das eigene Sicherheitsteam. ENTRYZERO bietet eine Plattform, mit der wir diese Schwachstellen kontinuierlich überwachen, priorisieren und ihre Erkennung automatisieren können. So kommen wir Angreifern zuvor und helfen Unternehmen, Sicherheitslücken schneller zu finden und zu beheben. 

Wir haben eine Multi-Agenten-AI-Plattform geschaffen, die über 50 Systeme im Bereich Exposure Management miteinander kombiniert. 

— Mohamad Sbeiti

Was unterscheidet Ihre IT-Sicherheitslösung von anderen Ansätzen?
Mohamad Sbeiti: Wir kombinieren Cybersicherheit mit Künstlicher Intelligenz (KI). Wir haben eine Multi-Agenten-AI-Plattform geschaffen, die über 50 Systeme im Bereich Exposure Management miteinander kombiniert. Damit ist das Erkennen und Bewerten von IT-Risiken, die von außen auf ein Unternehmen wirken, gemeint. Drei Kernelemente zeichnen uns aus: Erstens identifizieren wir ohne jegliche Vorab-Informationen die gesamte externe IT-Landschaft eines Unternehmens, indem wir das Internet gezielt durchsuchen. Zweitens prüfen wir nur selektierte IT-Systeme auf reale Schwachstellen, um Ressourcen zu schonen. Drittens liefern wir zusätzlich zur kontinuierlichen Überwachung aktuelle Informationen zu Datenlecks im Darknet. Alles läuft automatisiert, wodurch unsere Kunden sich auf die wirklich kritischen Risiken konzentrieren und gleichzeitig Kosten sparen können.

Gibt es etwas, dass Sie als Gründungsduo auszeichnet?
Samet Gökbayrak: Wir haben uns vor über zehn Jahren im internationalen Management-Trainee-Programm „Start up!“ der Deutschen Telekom kennengelernt. Der Name hat uns offenbar geprägt! Obwohl wir beide einen technischen Hintergrund haben, Mohamad hat an der RUB IT-Sicherheit studiert und an der TU Dortmund promoviert, ich Informatik und Wirtschaftsinformatik in Bochum und Essen, haben wir unterschiedliche Karrierewege eingeschlagen. Während Mohamad als ethischer Hacker aktiv war, habe ich im Bereich Konzernstrategie und im strategischen Vertrieb gearbeitet. Wir teilen dieselben Werte und ergänzen uns perfekt. Mohamad verantwortet die technische Entwicklung und ich die geschäftlichen Themen. Unser erweitertes Team kannten wir schon vor der Gründung, was uns in der Gründungsphase einen großen Vorteil verschafft hat.

Was war bisher die größte Herausforderung für Ihr Start-up und wie haben Sie diese gemeistert?
Samet Gökbayrak: Die größte Herausforderung war es, den ersten Kunden zu gewinnen. Mit dem ersten Kunden mussten wir sicherstellen, dass technisch alles einwandfrei funktioniert. Dafür haben wir alles gegeben, notfalls auch am Wochenende. Dank enger Abstimmungen, klarer Arbeitspakete und iterativer Vorgehensweise konnten wir diese Hürde gemeinsam mit unserem Team erfolgreich meistern.

Der Standort hat eine richtige Strahlkraft, das merken wir immer, wenn wir unser Start-up im internationalen Kontext vorstellen.

— Mohamad Sbeiti

Wie hat Sie die Ruhr-Universität Bochum bei der Gründung unterstützt?
Mohamad Sbeiti: Das gesamte Start-up-Ökosystem in Bochum hat uns enorm unterstützt. Der Standort hat eine richtige Strahlkraft, das merken wir immer, wenn wir unser Start-up im internationalen Kontext vorstellen. An der Ruhr-Universität haben wir Kontakt zu Top-Experten aus dem Bereich Quantencomputing und Kryptographie. Mit anderen Teams können wir uns zu Learnings und Pain-Points bei der Gründung austauschen. Besonders hervorzuheben sind Cube 5, die WORLDFACTORY sowie die Bochum Wirtschaftsentwicklung. Cube 5 als Inkubator bietet uns Zugang zu Partnern, Förderungen und Early-Adoptern. Das Team hat uns während der Antragsphase für die StartUpSecure-Förderung des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt begleitet. Im Februar haben wir eine Förderung in Höhe von 730.000 Euro erhalten. Und das ist nur ein Beispiel von vielen. 

Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung als eines der Top-Start-ups der Ruhr-Universität Bochum 2025?
Mohamad Sbeiti: Es macht uns stolz und motiviert uns sehr. Die Auszeichnung bestätigt, dass wir mit unserer Idee und Umsetzung auf dem richtigen Weg sind. Wir wollen nicht nur als ENTRYZERO wachsen, sondern als Cybersecurity-Startup aus Bochum. Für uns ist das eine Art Heimkehr. Unsere Reise begann hier, und nun knüpfen wir wieder daran an.

Unser Ziel: in unserem Bereich weltweit führend zu werden und den Markt mit Innovationen zu prägen.

— Samet Gökbayrak

Was möchten Sie mit ENTRYZERO in den nächsten 2 bis 3 Jahren erreicht haben?
Samet Gökbayrak: Die nächsten zwei bis drei Jahre sind entscheidend, um unser Fundament zu festigen. In dieser Zeit wollen wir uns in Deutschland als vertrauenswürdiger Partner etablieren und durch erfolgreiche Projekte überzeugen. Wir möchten aufzeigen, dass unsere Lösung die digitale Resilienz stärkt und gleichzeitig die IT- und Security-Teams entlastet. Parallel dazu starten wir die Internationalisierung. Der US-Markt steht dank unseres Gewinns der New-York-Reise mit dem STEP Programm besonders im Fokus. Unser Ziel: in unserem Bereich weltweit führend zu werden und den Markt mit Innovationen zu prägen.

Welchen Rat haben Sie für Gründungsinteressierte?
Mohamad Sbeiti: Viele zögern zu lange, weil sie sich zu sehr mit möglichen Risiken beschäftigen. Doch gerade während des Studiums ist das Risiko überschaubar und die Rahmenbedingungen sind ideal, um Dinge auszuprobieren. Selbst wenn ein Vorhaben scheitert, bleibt wertvolle Erfahrung, die den Einstieg in den Arbeitsmarkt oft sogar erleichtert. Gründen heißt lernen und wer früh startet, gewinnt doppelt.

Veröffentlicht

Mittwoch
16. Juli 2025
09:26 Uhr

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