Serie Wissenslücken
Spricht sich für eine Religionskritik aus: Prof. Dr. Isolde Karle, Inhaberin des Lehrstuhls für Praktische Theologie und Direktorin des Instituts für Religion und Gesellschaft
© Damian Gorczany

Funktion der Religion Die größte Wissenslücke in der evangelischen Theologie

In der globalisierten Welt sehen einige die Religionen hauptsächlich als Motor für Gewalt und Terror. Aber sie könnten auch noch eine andere Rolle spielen.

Es ist umstritten, welche Bedeutung Religionen in einer globalisierten Welt haben. Einigkeit herrscht darüber, dass sie in den vergangenen Jahrhunderten tief greifenden Transformationsprozessen ausgesetzt waren. Mir scheint deshalb die Frage nach der Funktion von Religion für die moderne Gesellschaft eine der relevantesten zu sein.

Religion unter Verdacht

Im Moment steht die Religion im Verdacht, Gewalt zu fördern und politische Terrorakte zu motivieren. Das bezieht sich zwar vorrangig auf den Islam, aber das gab und gibt es auch im Christentum. Deshalb sind der interreligiöse Dialog und eine differenzierte Auseinandersetzung mit den pluralismusfreundlichen und -feindlichen Seiten des Religiösen elementar.

Kultivierte Hoffnung

Wir brauchen eine Religionskritik, die künftige Lehrkräfte, Journalisten, Pfarrerinnen und Pfarrer befähigt, die Ambivalenz des Religiösen wahrzunehmen, einen kritischen Diskurs über frauen-, homosexuellen- und demokratiefeindliche Werte zu führen und zugleich das Biografie stärkende Potenzial des Religiösen auszuloten.

Denn die Religion hält das Bewusstsein für das Nichtwissbare und das Unberechenbare wach und stellt dem Alarmismus der Massenmedien eine kultivierte Hoffnung gegenüber.

Unveröffentlicht

Von

Isolde Karle

Dieser Artikel ist am 2. November 2016 in Rubin 2/2016 erschienen. Die gesamte Ausgabe können Sie hier als PDF kostenlos downloaden. Weitere Rubin-Artikel sind hier zu finden.

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